Mode und Trends sind Worte, die in unserer Gesellschaft oft mit Jugendlichkeit in Verbindung gebracht werden. Das damit verbundene, idealisierte Bild eines gesunden, jungen, perfekt aussehenden Körpers begegnet uns ständig im Netz, in Werbespots und in vielen anderen Medien.
Doch wie begegnen wir diesen Themen, wenn frau im hohen Alter angekommen ist und weit von diesem Ideal entfernt ist? Passt ein modebewusstes Auftreten zu einem alternden Menschen? Und wie sieht das aus und vor allem wie fühlt es sich an? Diesen Fragen ist Sue Bourne in der knapp 50-minütigen Dokumentation Fabulous Fashionistas auf den Grund gegangen. Sie porträtiert sechs außergewöhnliche Frauen aus Großbritannien im Durchschnittsalter von 80 Jahren und ihre besondere Leidenschaft für Mode.
Wer sind die Fabulous Fashionistas?
Auf den ersten Blick fallen die Protagonistinnen durch ihren Kleidungsstil auf. Sie tragen individuelle, oft unkonventionelle Mode. Dabei erzählt jede von ihnen, was Fashion für sie bedeutet. Schnell wird dem*der Betrachter*in klar, hier geht es weniger um ältere Frauen, die sich im Alter trendy kleiden. Es geht vielmehr um eine Haltung zum Leben und weshalb Mode einen so großen Stellenwert in ihrem Alltag einnimmt.
Gefilmt vor ihren Kleiderschränken, ihre Lieblingsteile zeigend, erzählen ihre Kleider die Geschichten ihres Lebens. Dabei geht es nicht um Labels und teure Mode, sondern um die Stücke, die einen besonderen Stellenwert einnehmen, weil ein wichtiges Erlebnis damit verbunden wird.
Sie lieben Farben, Design und besondere Stoffe. Dabei kümmern sie sich wenig um eine altersgerechte Erscheinung. So sagt die 75-jährige Jean, dass sie sich mit dem Street-Style identifiziert, unabhängig ihres Alters. Sie will nicht als schick bezeichnet werden. So trägt sie DocMartens zu Rock und Shirt.
Diese Frauen wehren sich gegen das Bild der langweiligen, grimmigen alten Dame. Durch ihre Kleidung setzten sie ein Zeichen, dass Frauen im hohen Alter modebewusst leben und Mode unabhängig vom Alter existiert. So erläutert die 75-jährige Bridget, dass die Leute, als sie selbst jung war, nie ihren modischen Stil kommentierten. Heute jedoch meinen alle, es tun zu müssen. Dabei stehen die Protagonistinnen zu ihrem Alter. Sie wollen ihre Falten nicht glatt bügeln und laufen nicht dem gängigen Schönheitsideal und den aktuellen Trends hinterher.
Mode und Schönheit jenseits von Alter
Fabulous Fashionistas ist für mich eine beeindruckende Dokumentation, der es gelingt, dem*der Betrachter*in ein Gefühl zu vermitteln, wie spannend es ist, sich vertiefend mit Mode auseinanderzusetzen. Der eigenen Identität über Kleidung Ausdruck zu verleihen, sich wohl zu fühlen im eigenen Körper trotz des hohen Alters oder noch klarer formuliert, unabhängig von ihm, steht hier ganz eindeutig im Vordergrund.
Mode lebt durch ihre Träger*innen, spiegelt sie wieder und vor allem braucht Mode Mut. Das oberflächliche Bild des ewig jungen, überdurchschnittlich attraktiven Körpers zerbröckelt beim Zuschauen mehr und mehr in meinem Kopf. Sich schön zu fühlen, ist so viel mehr als von anderen festgelegte äußere Attribute. Im besten Falle, bestimmt jede*r selbst darüber. So wie diese sechs wunderbaren Frauen.
Einblicke zum Film gibt dieser kurze Ausschnitt aus Fabulous Fashionistas:
Leider ist die vollständige Dokumentation nicht mehr frei erhältlich. Als DVD kann sie bei der Produktionsfirma erworben werden.
Kira
Rieke meint
Die Bilder des Fotografen Ari Seth Cohen passen ganz wunderbar zu dem Artikel:
https://www.instagram.com/advancedstyle/
Ronja meint
Wie ungerecht, Hannah!
Ja, es gibt eine Milchindustrie und ich esse Joghurt und trinke Kefir.
Ja, es gibt eine Bauwirtschaft und ich wohne – ganz gut.
Ja, es gibt Winzer und Winzerinnen und ich trinke ganz gerne mal einen Wein – obwohl auch das überflüssig sein könnte.
Ja, es gibt eine Bekleidungsindustrie.
Und: Danke, Kira, für den Artikel.
Kim meint
Wenn ich mir den Kommentar von „Hannah Arendt“ so ansehe, glaube ich, dass der Sinn des Artikels falsch verstanden wurde.
Mode ist nun mal eine Sache, die gerade in den Medien als junges Thema gesehen wird und im Alter oft ignoriert wird. Deswegen ist ein Film wie Fabulous Fashionistas so wichtig, um diese Kategorisierung aufzuheben.
Was Mode genau ist, das legen die Damen eben selbst fest: „Dabei geht es nicht um Labels und teure Mode, sondern um die Stücke, die einen besonderen Stellenwert einnehmen, weil ein wichtiges Erlebnis damit verbunden wird.“
Der Artikel handelt weder von Konsumkritik noch von der Nachhaltigkeit von Mode, das war und ist nicht das Thema. Zu Nachhaltigkeit, Fair Trade und anderen solchen Konzepten können genug Artikel hier auf der Seite gefunden werden, siehe Thema „Nachhaltigkeit“ auf der rechten Seite.
Dort lassen sich einige Artikel zu solchen Themen finden – und ja, auch mit Kritik und Zusammenhang.
hannah arendt meint
Liebe Autorin,
„Fabulous Fashionistas ist für mich eine beeindruckende Dokumentation, der es gelingt, dem*der Betrachter*in ein Gefühl zu vermitteln, wie spannend es ist, sich vertiefend mit Mode auseinanderzusetzen.“
Und wer bestimmt, was Mode ist? Muss ich mich schämen, wenn ich die Kleidung so lange trage, bis sie nicht mehr zu flicken ist? Unmodern ist sie dann schon. Aber es müssen weniger Näherinnen in armen Ländern dann ackern.
„Der eigenen Identität über Kleidung Ausdruck zu verleihen, sich wohl zu fühlen im eigenen Körper trotz des hohen Alters ..“
Gelten für mich andere Vorgaben, wenn ich alt bin? Ist das nicht diskriminierend?
„oder noch klarer formuliert, unabhängig von ihm, steht hier ganz eindeutig im Vordergrund.
Mode lebt durch ihre Träger*innen, spiegelt sie wieder und vor allem braucht Mode Mut.“
Wohl eher anders herum wird ein Schuh daraus: die Wirtschaft braucht Mode, damit weiterhin die Menschen all das kaufen, was sie schon zu hauf in den Schränken haben. Könnt ihr eigentlich auch kritische Berichte, die Zusammenhänge aufzeigen?
Gruß,
die Hannah
Tina meint
Ein sehr schöner und wichtiger Artikel. Zeigt er doch einmal mehr, dass in unserer heutigen Zeit Vielfalt auch im Alter möglich sein kann und sollte. Leider trauen sich zu viele Frauen nicht. Die Ausnahmen inspirieren mich, und machen mir Lust aufs Alter.
Danke dafür.