„Darüber muss ich mich freuen“, sagt Bremens Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe anlässlich des Equal Pay Day am 18. März (Samstag), des Protesttags gegen die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen, und meint die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes: Demnach ist der Gender Pay Gap, also die Entgelt-Lücke, im Land Bremen 2016 um einen Prozentpunkt von 24 auf 23 Prozent gesunken.
„Es geht voran“, so Hauffe, „aber es geht deutlich zu langsam voran. Es gibt einige Stellschrauben, die wir in Bremen und bundesweit weiter drehen müssen, damit Frauen ein bisschen schneller gleich viel verdienen wie Männer.“
Mindestlohn ein Grund für Fortschritt
Auch im Bundesdurchschnitt ist der Gender Pay Gap weniger geworden: Im Jahr 2016 war der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen mit 16,26 Euro um 21 Prozent niedriger als der von Männern (20,71 Euro). In den Vorjahren hatte der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap bei 22 Prozent gelegen (Quelle: Stat. Bundesamt). „Der Mindestlohn ist ganz sicher der wichtigste Grund dafür, dass die Entgelt-Lücke kleiner wird, denn Frauen haben vom Mindestlohn profitiert“, so die Landesfrauenbeauftragte. „Das angestrebte Entgelttransparenzgesetz wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Allerdings halte ich seine Beschränkung auf Betriebe ab 200 Mitarbeitenden für nicht ausreichend.“ Dem Großteil beschäftigter Frauen, nämlich denen, die in kleinen und mittleren Betrieben arbeiten, werde das Gesetz nicht nützen. „Aber“, so Hauffe, „es ist immerhin ein Anfang.“
Rollen-Vorbilder in Schulen
Weiterhin müsse Berufsorientierung sehr viel offener sein als bisher. Das Berufswahlverhalten junger Menschen ist unverändert durch traditionelle Rollenbilder geprägt – Hauffe: „Hier wünsche ich mir mehr ‚role models‘ in Schulen und auch schon Kindergärten, und auch den Girls‘ Day halte ich für unverändert wichtig.“ Eine Befragung von 2015 hat gezeigt, dass 21 Prozent der Mädchen sich eine Karriere in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) vorstellen konnten. Seit 2012 geht dieser Anteil nach oben, während die Beliebtheit sozial-pflegerischer Berufe abgenommen hat. Weitere Informationen zur bundesweiten Evaluation des Girls‘ Day 2015 unter www.girls-day.de/
Für eine Aufwertung der Care-Berufe
„Dienstleistungs- und Sorgeberufe erhalten unverändert nicht die Anerkennung, die sie verdienen – weder gesellschaftlich noch materiell“, erklärt die Landesfrauenbeauftragte, „deshalb muss ihre Aufwertung oberste Priorität haben. Erst wenn diese traditionell weiblich dominierten Berufe besser bezahlt werden und sie eigenständige Existenzsicherung plus Kinderversorgung ermöglichen, werden sich auch deutlich mehr Männer ihnen zuwenden. Alle Imagewerbung bleibt bis dahin Makulatur.“ Hier könne auch das Land Bremen mit seiner Wirtschaftsförderpolitik einen Teil beitragen: neben der Förderung von vor allem männlich dominierten Branchen wie Logistik, maritime Wirtschaft, Luft- und Raumfahrt, sollte auch die Gesundheitswirtschaft zu den sogenannten zu fördernden Clustern hinzugenommen werden – „Pflege- und Gesundheitsberufe sind absolute Zukunftsberufe, die Unterstützung brauchen“, so Hauffe.
Baustelle Unternehmenskultur
Schließlich können auch Arbeitgeber einen deutlichen Teil dazu beitragen, dass Teilzeitjobs oder Auszeiten wegen Erziehungs- und Pflegearbeit – nach wie vor vornehmlich Frauensache – keine Karrierehemmer mehr sind. „Flexible Arbeitszeitmodelle und ein Ende der Präsenzkultur für Väter wie Mütter sind hier die Stichworte“, erklärt die Landesfrauenbeauftragte, „„die Digitalisierung der Arbeitswelt macht hier ohnehin ein Umdenken notwendig. Lohngerechtigkeit, Familienfreundlichkeit und echte Aufgeschlossenheit gegenüber Work-Life-Balance sind Faktoren, nach denen künftige Arbeitnehmer schauen werden – sie steigern die Attraktivität jedes Unternehmens als Arbeitsplatz und sollten Aushängeschild werden.“
Zum Equal Pay Day:
Entstanden ist der Aktionstag in den USA. Die amerikanischen Business and Professional Women (BPW) schufen 1988 mit der „Red Purse Campaign“ ein Sinnbild für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Diesen Gedanken griff der BPW Germany auf und startete 2008 die „Initiative Rote Tasche“, die den Grundstein für die bundesweite Einführung des EPD legte. Als „Tag für gleiche Bezahlung“ markiert der EPD symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Inzwischen findet der EPD in über 20 europäischen Ländern statt.
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