Endlich ist es so weit: nach jahrelangen Protesten haben sich im Libanon Abgeordnete endlich gegen die bisherige Gesetzeslage ausgesprochen, die es sexuellen Straftätern erlaubt, ihre Opfer zu heiraten.
Durch solche Praktiken war es den Tätern im Libanon und anderen arabischen Staaten möglich, einer Strafe für ihre Tat zu entgehen, indem sie ihre Opfer heirateten. Den Frauen selbst wurde folglich jegliche Mitsprache abgesprochen. Zwar können sie sich gegen ein Heiratsangebot entscheiden, doch der familiäre und soziale Druck ist meist so groß, dass ihnen keine andere Wahl bleibt, als ihre Vergewaltiger zu heiraten.
„Victory for the dignity of women“
Dabei ist sexuelle Belästigung und Vergewaltigung ein traumatisches Ereignis. Opfer brauchen Hilfe, Unterstützung und Zuwendung. Sie müssen in ihren Ängsten und Sorgen ernst genommen und gehört werden, anstatt dem Willen der Täter auch für ihr zukünftiges Leben nach diesem Erlebnis unterstellt zu werden.
Genau dies soll sich nun ändern. „Congratulations to women in Lebanon,“ heißt es auf der facebook Seite von ADAAD, einer non-profit Organisation, die sich im Nahen Osten und Nordafrika für Gleichberechtigung und Frauenrechte einsetzt. „Today’s win is a victory for the dignity of women. It is no longer possible to escape punishment for rape and sexual acts carried out by force and coercion.“
Congratulations on abolition #article522 in Lebanon that allowed rapists 2 escape conviction if they married their victim. @femaleorg pic.twitter.com/hXPAImw0iZ
— ActionAid Arab Region (@actionaidAR) August 16, 2017
Hoffnung auf weitere Gesetzesänderungen in der Region
Die Abschaffung des Artikels 522 wurde gestern in einer Abstimmung beschlossen und seitdem weltweit gefeiert. Hoffnung besteht, dass auch weitere arabische Staaten dem Beispiel Libanons folgen werden, um für einen gerechten und fairen Prozess gegen sexuelle Übergriffe zu sorgen. Auch in Jordanien und Tunesien wurden ähnliche Beschlüsse gefasst. Ägypten repräsentiert wohl eines der ersten Länder in der Region, das bereits 1999 die Gesetzeslage änderte. In Marokko kam es erst vor drei Jahren zu einer Gesetzesänderung, nachdem zwei junge Mädchen nach der Verheiratung mit ihrem Angreifer Selbstmord begangen hatten.
Dennoch verstummen die Warnungen und Proteste der Aktivist*innen keineswegs. Noch immer herrscht Ungleichheit und Benachteiligung von Frauen und Opfern sexueller Übergriffe im Libanon, beispielsweise durch die Artikel 505 und 518, die von Sex mit Minderjährigen oder deren Verführung handeln. Laut der libanesischen Protestgruppe Lebanon Wedding Dress Protest wusste bis vor kurzem gerade mal ein Prozent der libanesischen Bevölkerung von den traurigen Verhältnissen der Gesetzeslage in ihrem Land Bescheid. Dabei gab es den nun abgeschafften Artikel 522 bereits seit den Anfängen des 20 Jahrhunderts.
Maren Göttke
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