Zwei historische Entscheidungen fielen letzte Woche: Der Europäische Menschrechtsgerichtshof gab den Schweizer Klimaseniorinnen Recht und in Deutschland können wir auf eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs hoffen. Dies und Weiteres im heutigen Presse-Pott:
Schweizer Seniorinnen siegreich in Straßburg
Eine Gruppe Schweizer Seniorinnen hatte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gegen die Schweiz geklagt, weil das Land nicht genug gegen die Folgen der Klimakrise unternehme. Davon sind ältere Frauen nämlich in besonderem Maße betroffen. Zwei weitere Klima-Klagen lehnte der EGMR zwar aus formalen Gründen ab, aber die Schweizerinnen waren erfolgreich. „Expert*innen sehen den Klageerfolg der Schweizerinnen, der Klimaschutz offiziell zur Menschenrechtsfrage macht, als bedeutsam an.“ Denn er wird auch Auswirkungen auf andere Länder haben.
Für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin legte ihren Abschlussbericht vor. Darin empfiehlt sie, Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren. Bisher wird der Schwangerschaftsabbruch im Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs geregelt und ist illegal. Laut Expertengremium halten diese Regelungen im Strafgesetzbuch einer „verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung“ nicht Stand. Die CDU drohte bereits mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, sollte der Schwangerschaftsabbruch legalisiert werden. „…deswegen müssen wir jetzt öffentlich viel Druck machen“, sagt Alicia Baier von den Doctors for Choice.
Altruistische Leihmutterschaft und Eizellenspende
Auch zu Leihmutterschaft und Eizellenspende, die in Deutschland bisher verboten sind, gab die Kommission Empfehlungen ab. Näheres hier.
Europa-Parlament für Recht auf Abtreibung als Grundrecht
Das EU-Parlament hat mit großer Mehrheit beschlossen, dass das Recht auf Abtreibung in die EU-Grundrechte-Charta aufgenommen werden soll. Artikel 3 der Charta soll geändert werden und folgende Fassung erhalten: „Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Selbstbestimmung, auf einen freien, informierten, umfassenden und allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sowie zu allen damit zusammenhängenden Gesundheitsdienstleistungen ohne Diskriminierung, einschließlich sicherer und legaler Abtreibung.“ Weiterhin forderten die Abgeordneten, die Finanzierung von Anti-Choice-Gruppen zu stoppen.
Studie zu Erfahrungen ungewollt Schwangerer
Zum ersten Mal wurden in Deutschland die Erfahrungen ungewollt Schwangerer wissenschaftlich untersucht. Die empirische Studie ist wohl auch international bisher einmalig. Daphne Hahn, Professorin für Gesundheitswissenschaften und empirische Sozialforschung an der Hochschule Fulda und Leiterin der Studie, berichtet von den wichtigsten Ergebnissen. Es herrschen weiterhin mangelnde Versorgung und sozialer Druck: „Es braucht eine gesellschaftliche Haltung, die Abbrüche als medizinische Grundversorgung anerkennt. Das würde natürlich leichter, wenn Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen würde. Der führt mit dazu, dass die Versorgungssituation hierzulande deutlich hinter dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Standard herhinkt.“ Näheres hier.
Selbstbestimmungsgesetz beschlossen
Die Debatte wurde emotional, aber das Plenum stimmte in namentlicher Abstimmung mehrheitlich für das Gesetz, mit dem die Änderung von Geschlechtseinträgen auf dem Amt künftig deutlich leichter werden soll als bisher. Am 1. November soll das Gesetz in Kraft treten. Die Zeit und Die taz berichteten.
Zermürbung von Frauenkarrieren
Eine neue Studie zeigt: Deutschland und Österreich sind die europäischen Spitzenreiter in der „Zermürbung“ (attrition) von Frauenkarrieren in der Wissenschaft (MINT-Fächer). Das Interactive Dashboard for OECD/Deutschland Probability of staying in Science: „There is a loss of talent at every stage of the academic career pipeline because of systemic barriers for women“ – anscheinend besonders in Deutschland.
Der Seximus der Stadt(planung)
Städte sind auf die Bedürfnisse von Männern ausgelegt. In Wuppertal wollen nun einige sich auf den Weg machen und Erkenntnisse feministischer Stadtplanung in ihre Projekte einfließen lassen.
Ein Porträt
Karrierefrau, Alleinerziehende Mutter, Gewerkschafterin, Aktivistin, Demokratin: das ist Eleonore Kujawa. Hier ein Porträt der 94-Jährigen.
„Landgrazien“
So heißt ein Verein, der in Schleswig-Holstein mobile Beratung für Betroffene von häuslicher Gewalt organisiert. Mit einem zum Beratungsmobil umgebauten Lieferwagen können die Beraterinnen zu den verschiedensten Treffpunkten fahren, wo es für die Ratsuchenden am besten ist. Ein bisher in Deutschland einzigartiges Modell. Näheres hier.
Irak: Stoppt das Anti-LGBT*Todesgesetz!
Das Parlament des Irak prüft derzeit einen vorgeschlagenen Änderungsantrag, der eine der schwerwiegendsten rechtlichen Bedrohungen für die LGBT*-Community in der jüngsten Geschichte darstellt. AllOut ruft zur Petitionsunterschreibung auf.
Bremen News
Bremer Statue als Symbol für sexuelle Belästigung. Selbst vor Bronzestatuen, die Frauen abbilden, macht sexuelle Belästigung nicht halt. Deren Brüste werden häufig betatscht, so dass sich die Farbe im Laufe der Zeit verändert. Terre des Femmes hat mit dem Slogan „Sexuelle Belästigung hinterlässt Spuren“ die Aktion „Unsilence the violence“ gestartet und setzt mit bekannten weiblichen Bronzestatuen in München, Berlin und Bremen ein Zeichen gegen sexuelle Belästigung. Die Bremer Statue „Jugend“ von Bernhard Hoetger steht im Hoetgerhof in der Böttcherstraße.
Die Europawochen in Bremen und Bremerhaven fangen Ende April an und führen fast bis zur Europawahl am 9. Juni 2024. Das Programm ist sehr vielfältig und bietet zum Beispiel die „#FakeDays“ mit Veranstaltungen zum Thema Desinformation, sowohl wie das „Europadorf“ am Osterdeich, Filmvorstellungen, Quizze, Ausstellungen, Infos und Diskussionen. Und: Es werden noch Wahlhelfer*innen gesucht. #DeineStimmezählt #gehtWählen.
Soviel los nächste Woche: zum Beispiel –
Social Computing in der Praxis – Digitale Inklusion durch Beteiligung und
Out Loud: Natascha Strobl liest aus „Solidarität“
Beide am 17.04.2024.
Glenys & Irene
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