Ruth Westerwelle im Haus der Bürgerschaft – Am 02. Februar fand eine verspätete Vernissage zur Ausstellung „Frauen der APO“ statt, mit Podiums- und auch sonst vielen Diskussionen.
Diese Ausstellung, meinte Bürgerschaftspräsident Christian Weber am Montagabend, „war einfach fällig.“ Deswegen habe er sie von Kreuzberg nach Bremen geholt, und er und die Mitarbeiter*innen hätten sie selber liebevoll gerahmt und aufgehängt.
Diese Ausstellung, so die Fotografin Ruth Westerwelle, sei „die Spitze des Eisberges“ – Die APO sei fast 50 Jahre alt und es habe noch keine rein visuelle Aufarbeitung stattgefunden. Sie warb in ihrer Rede für Sponsor*innen und Geldgeber*innen für das Projekt.
Fast genauso alt wie die APO ist auch die Frauenbewegung (genauer gesagt: um die Anzahl von Jahren jünger, die es brauchte, um heraus zu bekommen, dass die neue Linke die bestehende Geschlechterordnung nicht in Frage stellen wollte.) Und so saßen auf dem Diskussionspodium die Alt-Achtundsechzigerinnen, APO-Frauen und Frauenrechtlerinnen: Prof. Dr. Susanne Schunter-Kleemann, Dr. Angelina Sörgel und unsere Bremer Landesfrauenbeauftragte und Dipl. Psych. Ulrike Hauffe. Und sie alle bekamen von Annemarie Struß-von Poellnitz drei Fragen gestellt:
- Was haben Sie 1968 gemacht?
- Gab es eine Geschlechterungerechtigkeit in der APO?
- Was hat sich seither verändert?
Und siehe da: Man ist sich genauso uneinig wie damals! Susanne Schunter-Kleemann hat am Otto-Suhr-Institut in Berlin keine Spur von Diskriminierung bei SDS und APO erlebt. Dadurch, dass die Frauenbewegung sich den Bündnismöglichkeiten mit den Männern verweigert habe (in Kirchen und Parteien zum Beispiel), hätten sie sich selber ein Bein gestellt. Die, die das anders in Erinnerung haben, machten diskret darauf aufmerksam. Aber: Wir haben uns nicht angeschrien und uns gegenseitig mit roten oder lila Bibeln beworfen!
Zu den Errungenschaften und Veränderungen bis heute meinte Ulrike Hauffe, es gäbe „bei den rechtlichen Grundlagen kaum noch Lücken“. In der Praxis aber seien „Macht und finanzielle Unabhängigkeit“ für Frauen immer noch unerreicht. Deswegen seien die Bremer Proteste gegen das Schaffermahl entstanden – als Symbol für die männliche Vorherrschaft auf beiden Gebieten. Armutsfallen würden immer noch existieren, und Mädchen, die als „die Braven“ in der Schule besser abschnitten, würden im weiteren Lebensweg als „die Braven“ gar nicht erst hoch kommen. Es müsse „geteilte Macht und geteilte Verantwortung“ geben.
„Die APO-Generation war die erste Medieninszenierung“ nach dem Krieg, meinte Ruth Westerwelle in ihrer Rede: eine Vorläuferin der basisdemokratischen Bewegungen, die sich heute in die Waagschale gegen eine restaurierte Große Koalition werfen.
Und: „Die APO-Frauen hatten kaum Vorbilder“. Starke, selbstbewusste und politisch aktive Frauen hat es zu jeder Zeit gegeben, aber sie traten an gegen fast unüberwindliche rechtliche und gesellschaftliche Hindernisse – allen voran gegen eine Geschichtsschreibung, die sie fast vollständig auslöschte.
Aber die Vorbilder haben wir jetzt: Wir müssen einfach hingehen – und sie uns ansehen.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 27. Februar 2015 von 10:00 – 17:00 Uhr (außer bei Plenarsitzungen)
Glenys Gill/Redaktion
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