Die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, die Rassemblement National in Frankreich, die PiS in Polen oder die Jobbik in Ungarn, es ist egal, wo wir auf der Europakarte hinschauen, wir können fast überall einen Anstieg in der Zustimmung für rechte Parteien beobachten. Dies könnte dieses Jahr für Europa zum Problem werden. Denn am 9. Juni wird in Deutschland das Europäische Parlament neu gewählt. Hier gilt es, ein Erstarken rechtspopulistischer Parteien zu verhindern.
Das ist leichter gesagt als getan. Bei der letzten Europawahl lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 61 Prozent. Das entspricht nur etwas über der Hälfte der Menschen, die wahlberechtigt waren. Für viele Menschen ist die EU eine Institution, deren Handeln und Auswirkungen schwierig zu fassen sind. Das muss sich ändern, denn europäische Politik dringt tagtäglich bis vor unsere Haustür. Und damit wir in Zukunft auch gerne noch vor die Tür treten, ist es wichtig, unsere Stimme bei der anstehenden Wahl abzugeben. Aber wo begegnet uns die EU eigentlich im Alltag?
Die EU und ihre Beschlüsse
Die EU ist die größte politische Organisation, die einen direkten Einfluss auf unser alltägliches Leben hat. Häufig beruhen die von der Bundesregierung eingeführten Regelungen auf Verordnungen und Beschlüssen, die zuvor innerhalb der EU getroffen wurden. Vielen Menschen fällt es daher schwer, die Wirkungsweise der EU nachzuvollziehen. Jedes Gesetz, das in Deutschland erlassen wird, muss den Richtlinien der EU entsprechen. In vielen Gesetzen, die die Bundesregierung verabschiedet, steckt also europäischer Einfluss. Habt ihr beispielsweise schon von der Gewaltschutzambulanz im Klinikum Bremen Mitte gehört? Sie ist als Maßnahme in Folge der Istanbulkonvention eingerichtet worden. Dieser Vertrag wurde 2011 vom Europarat verabschiedet. Nachdem die EU der Istanbulkonvention im letzten Jahr beigetreten ist, sind ihre Mitgliedsstaaten verbindlich dazu verpflichtet, ihre eigenen Gesetze nach diesem Übereinkommen auszurichten. EU-weite Übereinkommen stellen somit einen übergeordneten Rahmen des nationalen Rechts aller 27 Mitgliedstaaten dar. Durch die Europawahl können wir also ein Stück weit den politischen Spielraum in den anderen Ländern beeinflussen. Wenn populistische Parteien auf nationaler Ebene zunehmend mehr Stimmen bekommen, kann die Europäische Union als weitere Instanz dienen, besagten Parteien Einhalt zu gebieten.
Je lauter die Stimmen der Rechten im EU-Parlament werden, desto mehr diskriminierende Werte und rechte Ideen werden vertreten. Seht eure Stimme also als Stimme gegen die rechten Kräfte.
Die EU vor deiner Tür
Trotz oder gerade wegen der großen politischen Reichweite, fühlt sich die EU für viele Menschen nach etwas an, das sie eigentlich gar nichts angeht. So ganz stimmt das allerdings nicht. Beschlüsse, wie die EU-weite Vorschrift zum Mutterschaftsurlaub, die einen Anspruch der Schwangeren auf mindestens 14 Wochen regelt, gelten landesweit und damit auch für jede*n Einzelne*n. Zudem gibt es Maßnahmen, vor allem Förderungen, die gezielt zur Unterstützung lokaler Projekte eingesetzt werden. Diese können wissenschaftlicher, kultureller oder sozialer Natur sein. Auf der lokal-sozialen Ebene, fördert der Europäische Sozialfonds beispielsweise das Projekt Digitaler Engel, bei dem die Interaktionsarbeit der Pflegekräfte mit Patient*innen durch den Einsatz digitaler Assistenzsysteme gestärkt werden soll. Mit dem Förderprogramm Erasmus+ können junge Menschen im Kontext ihrer Bildung einen Auslandsaufenthalt machen und das Kulturförderprogramm Kreatives Europa fördert Projekte aus dem Kultur- und Kreativsektor. Diese Förderungen starten häufig eher von der breiten Masse unbemerkt, weswegen man denken könnte, keine Berührungspunkte mit der EU zu haben. Gerade für die anstehende Wahl ist es wichtig zu wissen, dass die EU auf vielen Ebenen agiert und Auswirkungen hat.
Die Arbeit der EU soll hiermit nicht glorifiziert werden. Es gibt durchaus Kritikpunkte an den Entscheidungen der EU. Dennoch sehen wir die EU als einen wichtigen Zusammenschluss vieler Länder an, der einen Grundstein für friedliches und vielfältiges Leben legt. Die Problematiken sollten uns umso mehr motivieren, wählen zu gehen. Nur so besteht die Chance auf ein toleranteres Europa.
Also merkt euch den 9. Juni im Kalendar an und haltet eure Wahlbenachrichtigung bereit oder beantragt rechtzeitig Briefwahl. Denn auch wenn sich die EU manchmal weit weg anfühlt, betrifft sie jede*n Einzelne*n von uns tagtäglich. Und wie bei allen anderen politischen Wahlen gilt auch hier: Jede Stimme weniger ist eine Stimme mehr für populistische Parteien.
Mala
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