Schon seit ich klein war, habe ich mir erträumt, irgendwann mal mein eigenes Bild in einem Museum zu sehen oder ein Buch zu veröffentlichen. Letzteres muss wohl noch etwas warten, aber das Ausstellen eines Bildes ist in der letzten Woche durch Youth For Art Realität geworden.
Wie ist das möglich?
Durch eine Aktion des Vereines Youth For Art und der Kunsthalle Bremen wurde es für 53 junge Künstler möglich, ihre Kunstwerke in dem -1. Geschoss der Kunsthalle auszustellen. Das Ganze findet unter dem Thema: Geburtstagsgäste: von Monet bis Van Gogh statt, welches auch der Titel der Hauptausstellung der Kunsthalle ist. Geburtstag hat der Bremer Kunstverein mit seinem 200. Jubiläum. Eingeladen zu der Feier sind nicht nur die Bremer, sondern auch Bilder von berühmten Künstlern wie Monet und Van Goth.
Das Spannende: Zeitgleich findet – eine Etage weiter unten – ein Austausch von moderner junger Kunst statt. Nicht nur die alten Meister sind geladen, sondern auch die jungen Künstler*innen von heute. Die Werke der Youth For Art Ausstellung rangieren dabei von fotografischen und cinematischen Arbeiten zu Installationen, Mode und Malerei. Die Ausstellung hatte ihre Vernissage am 21.10 und ist noch bis in den Januar offen für Interessierte.
Repräsentation von Künstlerinnen
Die Youth for Art Ausstellung ist nicht nur eine tolle Aktion, weil es jungen Menschen eine Reichweite verschafft, die schwer alleine erreichbar ist. Sie ist auch super, da sie nicht zwischen Geschlechtern unterscheidet und auch vielen Frauen eine Plattform gibt. Frauen in der Kunstgeschichte sind sehr rar: meist vergessen, die Werke verschollen. Die bekannten Künstler, Monet, Van Goth, Casper David Friedrich, Dürer, alles Männer. Meister ihrer Kunst, aber alles Männer. Was sehr traurig ist, aber die Zustände der damaligen Zeiten noch besser in Szene rückt. Die wenigen Kunstwerke von Frauen, die es noch gibt, sind verstreut. Deswegen kann nie ein gutes Verhältnis an Künstlern und Künstlerinnen geschaffen werden.
Da wir aber ja ein feministisches online Magazin sind, haben wir uns noch einmal an die Künstler*innen gerichtet, die mit ihrer neu gewonnen Plattform sich zu feministischen Thematiken äußern. Im Folgendem stellen sich die Künstlerinnen und ihre Werke selbst vor:
Mary-Nell Hertel
„Ich bin Fotografin aus Bremen und fange mit meinen Bildern intime Momente ein, die sich irgendwo zwischen Inszenierung und Alltäglichkeit abspielen. Mein Fokus liegt auf der Portraitfotografie, wobei ich Shootings auf Anfrage umsetze oder eigene Projekte kreiere.
Die ausgestellten Fotos stellen flüchtige Momente dar, denen in einer patriarchal geprägten Welt eine besondere Bedeutung zukommt. Mir fiel es zunächst nicht so leicht, den Stil und die Motive von impressionistischen Künstler:innen auf meine Fotografie und aktuell relevante Themen anzuwenden. Bis ich dann auf Mary Cassatt gestoßen bin, die in ihren Gemälden unter anderem Geschlechterrollen hinterfragt. Inspiriert von ihren Werken fotografierte ich alltägliche Momente, die in der heutigen Zeit von patriarchalen Werten beeinflusst werden. Nun hängt ein Foto von einer freundschaftlichen Umarmung zwischen Männern in der Ausstellung, sowie von einer Person, die ihren Tampon wechselt und von einer Frau, die sich Nippeltapes aufklebt. Ich finde es so toll, dass Youth for Art diese Ausstellung möglich macht und ich würde nächstes Jahr gerne wieder mitmachen.“ –Mary-Nell Hertel
Alina Pleuß
„Ich hatte das Glück dieses Jahr zum zweiten Mal bei der Youth For Art Exhibition ausstellen zu dürfen. Ich finde es jedes Jahr, egal ob als
Künstlerin oder Besucherin, einfach so wunderschön zu sehen wie sich da eine vielfältige Bühne für junge KünstlerInnen präsentiert. Nicht nur um wirklich hoch qualitative Kunst zu zeigen, die sonst vermutlich wenig Plattform erhalten hätte, sondern auch für den Austausch untereinander und mit BesucherInnen.
Mit meinem Werk wollte ich dieses Jahr ganz slightly Kritik dazu üben, dass die Kunsthalle Bremen das Geburtstags-Motto zum 200-jährigen Bestehen des Kunstvereins reflektierter hätte nutzen können, um aufzuzeigen wie stark Kunst allgemein in der Vergangenheit innerhalb patriarchaler und rassistischer Strukturen gefiltert und KünstlerInnen ausgegrenzt wurden. Dann hätte man nämlich davon abgesehen den Fokus der „Geburtstagsgäste“ (Von Monet bis Van Gogh) auf männliche Künstler zu legen.
Deshalb schickt mein Bild ein leicht sarkastisches „cheers“ raus, begleitet von einem kurzen lyrischen Text:
cheers
von all den menschen
die in 200 jahren
nur selten eine plattform
für ihre kunst bekamen.“
Laura Clemens
„Ich habe dieses Jahr das erste Mal selbst bei der Ausstellung von Youth For Art mitgemacht, nachdem ich letztes Jahr die Werke ein paar meiner Freund*innen dort bewundern durfte. Die Möglichkeit, seine Werke in einer öffentlichen Ausstellung zu präsentieren empfand ich als riesen Chance. Gerade als junge kunstschaffende Person ist es am Anfang sehr schwierig, gesehen zu werden und eine Plattform zu bekommen. Gerade deshalb fand ich die Idee von Youth For Art so interessant. Sie bieten einem einen barrierefreien Zugang zur Kunstwelt, einen Austausch mit anderen Kunstschaffenden und die Möglichkeit eine Ausstellung der Kunsthalle durch seine eignen Werke zu ergänzen.
Für meine Werke zur aktuellen Ausstellung „Geburtstagsgäste – Monet bis Van Gogh“ hatte ich zunächst mit einem Brainstorming und einer Recherche zu den vertretenen Künstlern begonnen. Dort ist mir bereits nach kurzer Zeit aufgefallen, dass dort nahezu ausschließlich männliche Künstler zu den „Geburtstagsgästen“ gehören. Dies nahm ich zum Anlass, nach weiblichen Künstlerinnen zu schauen, welche ebenfalls geladene Gästinnen hätten sein sollen. Meine Serie „Vergästen“ besteht aus drei Portraits französischer (Post)Impressionstinnen, deren Ausstrahlung ich versucht habe in Farbe und Ausschnitt einzufangen und miteinander in Bezug zu setzen.
Ihnen sozusagen Raum zu geben, in der Ausstellung dabei zu sein und gesehen zu werden.
In meiner Kunst beschäftige ich mich auch außerhalb der Ausstellung mit Portraits und insbesondere der Wirkung von Ausschnitt und Farbe. Ich versuche Emotionen einzufangen, sie in meinem Bild umzusetzen und im Raum miteinander interagieren zu lassen – ihnen Raum zu geben.“ –Laura Clemens
Emily Kunusch
„Ich habe nach der Ankündigung der Jubiläumsausstellung von der Kunsthalle Bremen viel Recherche betrieben. Mir ist schnell aufgefallen, dass keine weiblichen Künstler*innen genannt wurden. Auch bei der Ausstellungseröffnung musste ich feststellen, während ich durch die Räumlichkeiten gewandert bin, dass keine Impressionistinnen vertreten sind.
Fortan habe ich es mir zur Aufgabe gemacht auf diese fehlenden Gäste hinzuweisen. Ein bislang wenig bekanntes Kapitel in der Kunstgeschichte handelt von der fehlenden weiblichen Perspektive im Impressionismus. Von jeder Künstlerin gebe ich einen kurzen Lebenslauf in meinem Text neben dem Bild wieder und durch mein Werk lenke ich die Aufmerksamkeit auf die vier bedeutendsten Impressionistinnen des 19. Jahrhunderts. Die Ausstellung der Kunsthalle zeigt zwar die Geschichte des Kunstvereines und stellt die Bremer Sammler*innen in den Vordergrund, trotz allem hätte man die Auswahl der Sammler*innen kritisch hinterfragen und in die Ausstellung integrieren können.
Die Impressionistinnen habe ich digital auf meinem IPad gezeichnet, ausgedruckt und auf eine Leinwand geklebt. Ich habe goldenen Karton vorsichtig aufgerissen, um einen 3D Effekt darzustellen und über den Druck geklebt, sodass die Frauen durch den Karton „hereinplatzen“ und enttäuscht feststellen, dass keine weibliche Perspektive des Impressionismus gezeigt wird. Die Hände sind über die Bereiche des aufgerissenen goldenen Karton geklebt worden, um den 3D Effekt zu intensivieren. Ich habe Luftrüssel und Partyhüte zerschnitten und im Miniaturformat auf die Frauen geklebt, denn ich möchte auch sie für ihren Beitrag zum Impressionismus feiern.
Das Team von Youth For Art ermöglicht jungen Künstler*innen eine Plattform zum Teilen ihrer Kunst in der Öffentlichkeit. Das ist großartig und verdient mehr Unterstützung. Ich bin unendlich dankbar für Youth Fort Art. Falls ich die Möglichkeit bekommen sollte nächstes Jahr wieder ausstellen zu dürfen, dann würde ich das mit Freuden tun.“ –Emily Kunusch
Youth For Art überzeugt
Neben all diesen interessanten Künstlerinnen gibt es natürlich noch viele weitere Ausstellende mit interessanten Visionen und viel Können. Ich würde demnach auch jedem*r Kunstinteressierten diese kleine Ausstellung ans Herz legen. Ihr plant eh einen Ausflug in die Kunsthalle? Dann kommt mal im -1. Stock vorbei und taucht in die Welt der neuen Künstler*innen Generation ein, ihr seid herzlich willkommen. Ich bin Youth For Art und der Kunsthalle Bremen unglaublich dankbar für diese Möglichkeit. Durch die Ausstellung war es mir möglich viele andere gleichgesinnte Menschen zu treffen, mich auszutauschen und zu lernen. Vielen Dank auch an die 4 Künstlerinnen von diesem Artikel. Es war mir eine Freude mich mit euch auszutauschen, über euren Prozess zu hören und euch ein Podest zu geben.
– Vivi
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