Ich möchte eine unglaublich starke, reflektierte und für mich spannende Frau vorstellen. Deborah Feldman – Vielleicht kennen sie einige aus dem Film „Female Pleasure“.
Deborah Feldmann wurde 1986 in Williamsburg, New York, geboren. Dort wuchs sie in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinde auf. Sie wurde, wie es dort üblich ist, mit 17 an einen wildfremden Mann verheiratet. Ein Jahr später wird sie schwanger. Ihre chassidische Religionsgemeinschaft folgt strengen Regeln, bei denen ein Ausbruch nur schwer möglich ist. Dies liegt mitunter daran, dass nur jiddisch gesprochen wird und die englische Sprache als „Gift“ gilt und verboten ist.
Mehr sein
Deborah Feldman gelingt mit 23 Jahren der Ausstieg durch das heimliche Lesen von „weltlichen“ Büchern und das heimliche Besuchen eines Colleges während ihrer Ehe. Außerdem lässt sie sich heimlich die Pille verschrieben. Sie wollte mehr sein als nur eine Mutter und Hausfrau, die keine anderen Rechte hat. Sie fühlte sich verantwortlich für sich und ihren Sohn, auf mehr im Leben als das ihr fest von der jüdischen Gemeinschaft vorgeschriebene. Ihr mutiger, kluger und spannender Weg ist in dem Bestseller „Unorthodox“ zu verfolgen.
https://www.instagram.com/p/BneTvx3inUD/
Die wichtigste Beziehung in ihrem Leben
Die in Williamsburg lebenden Satmarer-Jüd*innen betrachten den Holocaust als eine Strafe für die Assimilation der europäischen Jüd*innen. Sie denken, nur durch den strengen Lebensstil im Ghetto könne man einer solche Strafe entweichen. Frauen dürfen nicht singen, es wird nur schwarze Kleidung getragen. Menstruierende Frauen sind unrein und Bücher verboten. Denn Bücher führen dazu, dass man sich andere Welten vorstellen kann. Heute bezeichnet Deborah die Beziehung zu Büchern als die wichtigste Beziehung in ihrem Leben. Durch die Vorstellung von einer anderen Welt gelang ihr der Ausbruch.
„I like to always feel like I can go wherever I want.“
Ihr gelang die Flucht mit ihrem Sohn, um ein selbstbestimmtes freies Leben führen zu können. Heute lebt die 32-jährige in Berlin-Neukölln, wo sie landete, nachdem sie der Spurensuche ihrer Großmutter folgte, die den Holocaust überlebte. Allein dass sie als Jüdin sich dafür entschied, nun hier leben zu wollen, zeugt für mich von Stärke und Gelehrtheit. In einem Interview sagte sie einmal:
„Viele fragen mich, warum ich nach Deutschland gezogen bin. Es gibt doch Antisemitismus in Deutschland, das muss ja furchtbar sein. Warum bist du dann ausgerechnet hier? Ich sage dann: Ja stimmt, klar, das gibt es. Aber ich habe für jede antisemitische Erfahrung, die ich hier gemacht habe, zehn solidarische gemacht.“
Sie lebt gerne hier und stellt sich stolz als Berlinerin vor. Wenn sie ihrem Sohn das Viertel zeigt, in dem sie 23 Jahre lang aufgewachsen ist, sagt sie, dass sie nicht gerne dort war. Warum?, fragt ihr kleiner Sohn neugierig. Ihre Antwort: „I don‘t like to feel stuck. I like to always feel like I can go wherever I want.“
Chiara Garbers
Schreibe einen Kommentar