Die Wörter Symbol und Gewalt kennen die meisten, trotzdem können die Wenigsten symbolische Gewalt erklären. Gerade wenn es um feministische Themen und um das Patriachat geht, begegnet uns der Begriff. Was genau ist also symbolische Gewalt?
Was ist symbolische Gewalt?
Symbolische Gewalt ist eine unterschwellige Art von Gewalt. Sie agiert auf der symbolisch-sinnhaften Ebene. Sie ist somit nichts Greifbares und schwer zu erkennen. Dadurch wird sie zu einem sozial anerkannten Mechanismus, der die bestehende Herrschaft legitimiert und fortbestehen lässt. Die aktuelle Herrschaft wird anerkannt und als selbstverständlich wahrgenommen, ohne hinterfragt zu werden. Im alltäglichen Leben ist sie fest verankert und normalisiert, deswegen wird sie nicht bewusst wahrgenommen. Die Herrschaftsverhältnisse werden verschleiert, verinnerlicht und angenommen. Durch Kultur wird die symbolische Gewalt gebildet, verbreitet und aktualisiert. Ebenso reproduzieren die geltenden Normen und Werte einer Kultur die symbolische Gewalt. Sie ist allgegenwärtig. Dem zu folge leben die meisten Menschen so wie es die Gesellschaft erwartet. Kinder, deren Eltern eine geringe Bildung haben streben häufig selber keinen hohen Bildungsabschluss an. Mädchen haben eine höhere Hemmschwelle einen „Männerberuf“ zu ergreifen.
„Die symbolische Gewalt – ein Ausdruck, den Bourdieu synonym zu symbolischer Macht oder symbolischer Herrschaft gebraucht […] ist vor allem über Kultur, das heißt über die symbolischen Dimensionen des sozialen Lebens, die Sinnbezüge, die Weltansichten und selbstverständlichen Denkweisen vermittelt.“ Stephan Moebius; Angelika Wetterer Österreichische Zeitschrift für Soziologie Dezember 2011, Band 36, Ausgabe 4
Folglich wird ein Teil der Gesellschaft beherrscht, der andere Teil herrscht. Die symbolische Gewalt soll Menschen dazu bringen eine angeblich legitime oder natürliche Herrschaft anzuerkennen und zu verinnerlichen. Geprägt ist der Begriff von dem Soziologen Pierre Bourdieu, der zu den einflussreichsten Soziologen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört.
Die Ausbreitung
Das Perfide an symbolischer Gewalt ist das Unterschwellige. Es ist keine körperliche, sondern eine „sanfte Gewalt“. Das bedeutet: die Gewalt wird nicht direkt und unmittelbar ausgetragen, sondern agiert durch die Sozialisation in der Gesellschaft. Sozialisation bedeutet, die Übernahme gesellschaftlich bedingter Verhaltensweisen. Doch Herrschende und Beherrschte müssen ein übereinstimmendes Deutungs- und Bewertungssystem haben – denselben symbolischen Code – damit symbolische Gewalt funktionieren kann. Diskriminierung in Form von Symbolik taucht in allen Lebensbereichen auf, zum Beispiel in der Familie, Werbung, Fernsehen, Schule und auch in der Sprache. Wenn diese Diskriminierung nicht besprochen wird führt das zu einem stillen Einverständnis. Dadurch wird sie toleriert und vor allem von Kindern als erlaubt, normal und richtig wahrgenommen. Das Verhalten wird verinnerlicht und als Erwachsene reproduziert. Symbolische Gewalt wird immer weitergetragen. Ein erster Schritt dem entgegenzuwirken kann sein symbolische Gewalt zu erkennen und zu reflektieren.
Bruch mit dem Alltagsverständnis
Eine große Bedeutung hat der Begriff in der Geschlechtersoziologie. Die Geschlechtersoziologie befasst sich mit allem was unter Geschlecht zu verstehen ist und dem Wandel der Geschlechterverhältnisse. Besonders untersucht wird eine spezielle Form der symbolischen Gewalt: die männliche Herrschaft. Diese besagt, Frauen seien zur Unterwerfung geboren und Männer zum Herrschen. Es erweckt den irrtümlichen Anschein von Naturgegebenheit. Wobei das Handeln auf beiden Seiten unbewusst ist. Die eigentlich treibende Kraft ist die Sozialisation.
Für eine Veränderung bräuchte es eine Revolution der symbolischen Ordnung. Es benötigt einen Bruch mit dem Alltagsverständnis. In allen Bereichen des Lebens.
Alina Diefenbach
Christina meint
Mir fallen dazu spontan folgende Aussagen ein:
„Migrationshiintergrund stellt eine symbolische Gewalt dar“ (per se).
Und, „Dulden heißt beleidigen“
Aber auch: „Zuviel Toleranz kann zur Akzeptanz von Intoleranz führen.“