Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem. Ein Drittel aller Frauen sind betroffen. Wer Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausübt, verstößt gegen die Menschenrechte.
Jährlich veröffentlicht das Weltwirtschaftsforum einen aktuellen Bericht zur weltweiten Gleichstellung von Frau und Mann. Demnach ist Island seit mittlerweile acht Jahren das Land, in dem die Menschen das höchste Maß an Geschlechtergleichstellung erleben. Die Vermutung, dass Frauen in dem Staat mit der weltweiten höchsten Gleichstellung am wenigsten Gewalt erfahren, liegt nahe. Doch dem ist nicht so.
Fast die Hälfte aller Isländerinnen gaben in einer repräsentativen Umfrage an, seit ihrem 15. Lebensjahr Gewalt durch einen Mann erlebt zu haben, zum größten Teil durch einen Mann, der ihnen nahe stand. Im europäischen Vergleich neben Dänemark, Schweden und Finnland ist dies einer der höchsten Werte.
Hohe Gewaltraten trotz ausgeprägter Gleichstellung
Forscher bezeichnen das Auftreten von einem hohen Maß an Geschlechtergleichstellung und gleichzeitig hoher Gewalt gegen Frauen, wie es in Island zu erkennen ist, als Nordisches Paradox, denn neben Island weisen auch die restlichen skandinavischen Länder neben hohen Gewaltraten eine ausgesprochen hohe Gleichstellung der Frau auf. Erklärungsansätze für dieses Phänomen lassen sich in einer höheren Wahrnehmung der eigenen Rechte auf Seiten der Frauen vermuten. Auf der anderen Seite argumentieren schwedische Forscher, dass Gleichstellungsmaßnahmen das ursprüngliche Machtverhältnis zwischen Frauen und Männern aufrüttle. Auf den Verlust der Macht würden viele Männer mit Gewalt reagieren.
Die Gewalt gegen Frauen betreffend heißt Islands größtes Problem häusliche Gewalt. Die Gewalt, die nicht an die Öffentlichkeit gelangt, weil sie im privaten Raum, hinter verschlossenen Türen, ausgeübt wird. Statistisch gesehen gehört Island zu den gewaltärmsten Staaten weltweit. Es gab Jahre, in denen kein einziger Mord im Land begannen wurde. Doch das gilt nicht für den Bereich Gewalt gegen Frauen, denn viele isländische Frauen gaben in Umfragen an, Gewalt erlebt zu haben.
Häusliche Gewalt nimmt statistisch zu
Seit 2014 haben sich die Fälle von häuslicher Gewalt in Island verdoppelt. 73 Prozent der Opfer waren Frauen. Und das obwohl Island als das frauenfreundlichste Land gilt.
„Es mangelt an Respekt vor den Frauen!“ (Sigþrúður Guðmundsdóttir)
So lautet die Erklärung der Leiterin des isländischen Frauenzentrums. Für sie liegt das Problem innerhalb der Justiz. Gleichstellungstechnisch ist Island weit fortgeschritten, doch um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, reicht das nicht.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Wenn Du oder jemand aus Deinem Umkreis Gewalt erlebt, kannst Du auf www.hilfetelefon.de anonym und kostenlos Hilfe und Beratung bekommen. Weitere Informationen findest Du auf www.gewaltgegenfrauen.bremen.de und in unserem Artikel zu Gewalt gegen Frauen – das Streben nach Macht.
Svenja Böttjer
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