Vergewaltigungsmythos, ein Begriff aus der Sozialpsychologie, der mehr umfasst, als nur falsche Vorstellungen von dem Konzept der sexuellen Gewalt gegen Frauen. Solche Aussagen drängen Frauen aus der Opferrolle in die Mittäterrolle. Als Folge trauen sich immer weniger, die Tat anzuzeigen, aus Angst, sich eben diesen Vorwürfen stellen zu müssen. Die nagende Frage, inwiefern man selber eine solche Tat provoziert hat, ist wenig hilfreich in der Arbeit, die Stigmatisierung von Opfern zu vermindern. Es sollen hier drei der häufigsten Mythen rund um das Thema Vergewaltigung unter die Lupe genommen werden – als Denkanstoß, um ein vorschnelles Urteil zu vermeiden.
„So wie die sich anzieht und rumläuft, hat sie doch selber Schuld!“
In fast jedem Kontext von Gewalt gegen Frauen scheinen diese Behauptungen die ersten zu sein. Die Kleidung hat das ja förmlich herausgefordert, wird dann gesagt. Ein so tiefer Ausschnitt, ein so kurzer Rock, damit prädestiniert sich jede Frau ja als Opfer und lädt dazu ja förmlich ein. Vor allem dann auch noch zu später Stunde sich in einer zwielichtigen Gegend aufzuhalten, das schreit förmlich nach: „Selber Schuld!“ Daraus könnte man ja schließen, dass es damit in Ordnung wäre, eine Frau aufgrund ihrer Kleidung in die Opferkategorie zu packen. Oder dass sie mit dem Aufhalten auf der Straße bei Nacht eine Vergewaltigung herausgefordert hat. Das Opfer hat dem Täter die Tat erleichtert und ihn dazu angetrieben, das ist die Kernaussage dieser Behauptung. Anstatt klarzustellen, dass keine gezeigte Menge an Haut auch nur annähernd bedeuten, dass man um sexuellen Kontakt bittet und ihn damit auch anbietet und sich nicht wundern darf, wenn man dann dazu genötigt oder gar gezwungen wird, wird man für aufreizende Kleidung direkt als mitschuldig gesehen.
„Den kennen wir seit Jahren, so ein netter Kerl, der würde so etwas nicht tun!“
Noch eine klassische Aussage, die sich viele Opfer anhören müssen, die den Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Betroffenen deutlich macht. Die Vorstellung, dass nur nachts und in dunklen Gegenden Vergewaltigungen passieren, ist ein großer Irrtum. Weißer Ring e.V., der deutschlandweit größten Opferhelferverein, verweist auf seiner Internetseite vermehrt darauf, dass eine Vergewaltigung in den meisten Fällen eine geplante Tat ist, seltener ein Angriff aus dem Hinterhalt und im Affekt. Noch weiter, die meisten Täter und Opfer sind sich vorher schon, wenn auch nur flüchtig bekannt. Bei fast 75% aller Straftaten besteht eine solche vorherige Bekanntschaft (Quelle: Frauennotruf Trier). Hier setzt die oben genannte Aussagen wieder ein: Das Opfer wird, aufgrund dieser falschen Vorstellung des immer unbekannten Täters, angezweifelt in seiner Behauptung. Ein Bekannter, Freund der Familie, alter Vertrauter – der macht das doch sicher nicht. Gerade innerhalb von Beziehungen oder Ehen haben Frauen es oft schwer, ihren Partner als Täter anzuzeigen, da die Grenze von Konsens und Ablehnung hier oft verwischt wird.
„Sie wollte das doch auch.“
Vielleicht der prägnanteste Satz, den ein Täter verwendet, um sich aus der Schuld zu ziehen. Das Opfer wollte es genauso wie der Täter, hat es auch noch genossen. Aussagen wie die des – zu der Zeit – Chef des indischen „Central Bureau of Investigation“ (CBI), dass Frauen, wenn sie die Vergewaltigung nicht verhindern können, sie dann doch wenigstens genießen sollen, – und das kurz nach der tragischen Massenvergewaltigung mit Todesfolge einer 23-jährigen Inderin – sind wenig hilfreich und spiegeln nur die weitverbreitete herablassende Einstellung vieler Menschen gegenüber einer Vergewaltigung wieder. Dass eine Vergewaltigung nicht nur körperliche, sondern auch tiefe psychische Wunden hinterlässt, wird zu oft vergessen. Nein heißt nein, die große Parole der Vergewaltigungsprävention, und dennoch wird, so scheint es jedenfalls, immer der Frau als erstes vorgeworfen, sie habe den Angriff selbst gewollt. Eine Resignation oder Schockstarre wird als Einladung und Zustimmung interpretiert und dem Opfer die Chance genommen, sich zu erklären.
Es geht um eine gesellschaftliche Einstellung und dies verlangt nach einer Änderung im Denken. Es geht nicht darum, blinde Anschuldigungen zu unterstützen, noch weniger darum, unnötig Panik zu machen bei Frauen, die sich plötzlich nicht mehr in ihren vertrautesten Umgebungen sicher fühlen können. Aber anstatt in den von der Gesellschaft vorgefertigten Schubladen zu denken, bietet es sich an, jedem Hilfe anzubieten, der diese anscheinend benötigt, und jedes Gesuch nach Verständnis anzuhören, ohne das Opfer automatisch als Lügnerin, Mittäter oder Aufmerksamkeitssuchende dazustellen. Generalisierungen müssen vermieden werden, um weitere Verbrechen vorzubeugen und die Opfer zu unterstützen.
Kim-Nicola Hofschröer
ShitLord420 meint
Diese Idee das Vergewaltigungsopfer mit Teilschuldzuweisungen zu kämpfen haben ist absoluter Blödsinn und entspricht nicht der Realität in Deutschland.
Ich habe jetzt eine Viertelstunde gegoogelt und lediglich einen Artikel gefunden in dem „Tatbegünstigendende Umstände“ in einer Schadensersatzklage in einem Vergewaltigungsfall einbezogen wurden.
„Dass eine Vergewaltigung nicht nur körperliche, sondern auch tiefe psychische Wunden hinterlässt, wird zu oft vergessen.“
Diese Faktoren sind jedem normal denkenden bewusst weswegen sexualisierte Gewalt in der deutschen Rechtslandschaft einen hohen Stellenwert hat und Vergewaltigung in Deutschland, je nach schwere des Verbrechens mit 1-5 Jahren MINDEST -Strafe* belegt ist.
Hingegen wird Gefärhliche Körperverletzung lediglich mit einer Mindest-Strafe* von 6 Monaten bestraft.
Die Behauptung, dass von unserer Gesellschaft Vergewaltigung nicht als schlimmes Verbrechen angesehen wird, und dass es deshalb in Deutschland eine Tolleranz gegenüber sexueller Gewalt gibt ist nicht zu halten.
Die Behauptung, dass nach dem stattfinden einer solchen Straftat immer der Frau vorgeworfen werden würde „sie habe den Angriff selbst gewollt.„ ist absurd.
Niemand würde diese Behauptung aufstellen, abgesehen vom Täter, der sich wohl schon durch seine Tat als nicht repräsentatives Mitglied unserer Gesellschaft herausgestellt hat.
Es ist nicht so, dass es in Deutschland ein Pro-Vergewaltigungsklima gibt und dass Vergewaltiger brütet, vielmehr ist es so, dass Vergewaltiger Individuen sind die wissen, dass Vergewaltigung ein Verbrechen ist und nicht mit westlichen Werten der Selbstbestimmung und Freiheit vereinbar ist, der Täter sich jedoch darüber hinweg setzt und das Verbrechen dennoch begeht.
Um falsche Vorstellungen und Mythen rund um das Thema sexualisierte Gewalt zu bekämpfen benötigt es eine Enttabuisierung des Themas, die einen gesunden und freien Umgang mit dem Thema und eine nüchterne Betrachtung der Fakten und Tatsachen ermöglicht.
Die Heraufbeschwörung einer gesellschaftlichen Tolleranz gegenüber Vergewaltigern und einer unfairen Behandlung der Opfer hilft nicht dabei dies zu erreichen, sondern schadet diesen Bemühungen.
*strafmindernde Einflüsse ausgenommen
Finni meint
Für eine Anzeige wegen Vergewaltigung braucht frau ja ZeugInnen oder andere Beweismittel. Ich habe von der anonymen Spurensicherung gehört. Wer weiß etwas davon?
Sindy meint
Für mich ist eine Vergewaltigung eine Straftat. Es gibt wirklich Männer, die behaupten, dass es die Frau auch wollte. Leider musste ich 2 von dieser Sorte kennen lernen. Ich bin der Meinung, dass jeder das Recht hat, sich so zu kleiden wie er möchte. Und es ist mit Sicherheit kein Grund, eine Frau vorzuverurteilen, wenn Sie gerne Röcke, Tshirts mit einem tieferen Ausschnitt mag. Wie ich bereits schon eben erwähnte, kannte ich leider 2 Männer von dieser Sorte und ich finde, man sollte diese Art der Tat schon anzeigen, da es ein Verbrechen ist und bleibt. Solche Männer gehören bestraft, die sich einfach nehmen was Sie wollen.