Einen ganzes Buch über Physik lesen, das ist für viele wenig spannend und kein Thema, das die meisten Leseratten fesselt. Das Buch, das wir euch hier vorstellen, ist aber mehr als nur eine staubtrockene Abhandlung. Carlo Rovellis kurzes Sachbuch „Sieben kurze Lektionen über Physik“ erklärt auf nur hundert Seiten die großen grundlegenden Theorien der Physik und ist eine Liebeserklärung an seine Profession und vor allem an die große Lehre von den Macharten der Welt. Physikbegeisterte oder aber auch Naturwissenschaftsmuffel werden hier auf ihre Kosten kommen.
Die Geschichte hinter dem Buch: Vom Artikel zum Bestseller
Der heute 59-jährige Carlo Rovelli wurde in der geschichtsträchtigen Stadt Verona geboren. Nach einem Abschluss des Grundstudiums der Physik an der Universität zu Bologna in 1981 und seinem wissenschaftlichen Doktorat an der Universität von Padua in 1986 lehrte Rovelli in Rom, Triest und auch in den Vereinigten Staaten. Er ist heute im Physikalischen Zentrum der Universität zu Marseille angestellt und forscht auf dem Gebiet der Quantengravitation und dem Verhältnis von Zeit in der Physik. Anfang 2015 beginnt Carlo Rovelli für die Sonntagsausgabe der Tageszeitung „Il Sole 24 Ore“ kleine Artikel zum Thema Physik zu verfassen, in denen er die großen Theorien der Welt erklärt. Was zunächst nach staubtrockenen Fachartikeln klingt, entwickelt sich schnell zu beliebten Beiträgen, die für Laien die wichtigsten Begriffe in der Physik verständlich darstellen. In der Einführung in „Sieben kurze Lektionen über Physik“ beschreibt er den Prozess von den Artikeln zum Buch: Was er mit seinen Artikel über einen längeren Zeitraum erreicht hat, wollte er mit diesem Buch auf einen Schlag in komprimierter Weise liefern. Und das ist ihm gelungen.
Große Begriffe einfach erklärt
Gehört hat man von den meisten Ideen, die Rovelli behandelt, sicherlich schon. Albert Einsteins Relativitätstheorie darf nicht fehlen, genauso das Modell der Quantenmechanik von Niels Bohr und Werner Heisenberg und die Mikro- und Makrostruktur unserer Welt, von Atomen bis zu den Planeten. Was zu Beginn schnell nach Überforderung und langweiliger Theorie klingt, wird von Carlo Rovelli mit vereinfachten Allegorien und Vergleichen schnell verständlich gemacht. Wie können wir Zeit verstehen und was ist Zeit genau? Selbst komplexe Ideen wie die unvereinbaren Theorien der Relativität und der Quantenmechanik versucht er, dem unbedarften Leser näher zu bringen. Seine eigene Arbeit, diese Theorien zu vereinbaren, merkt er am Rande an, verkauft sie aber nicht als universelle Lösung. Die Rolle des Menschen im großen Ganzen bedenkt er auch, sowohl kritisch – die Auswirkungen unseres Handeln auf diesem Planeten – wie auch positiv – die Erkenntnisse und Fortschritte, die wir geleistet haben. Woraus bestehen wir und wie wirken wir mit unseren Bestandteilen in unserer Umwelt? Carlo Rovelli versucht, neben den physikalischen auch die existenziellen Fragen hinter der Forschung zu besprechen. Er macht dies ohne Pathos und ohne Anmaßung, einfach nur als ein studierter Mann mit seinen eigenen Ideen, der der Welt sein Fachgebiet näher bringen will.
Eine Liebeserklärung an die Welt und die Physik
Rein optisch ist das Buch schon ein Hingucker. Mattschwarzes Cover mit Sprenkeln von Kupfergold, das sieht nicht direkt nach einem Buch über physikalische Theorien aus. Die Liebe zum Detail auf dem Äußeren spiegelt den Ton des Inneren wieder. Carlo Rovelli gibt keine stumpfe Abhandlung, er will seine Begeisterung mit dem Leser teilen. Was ihn als ewigen Studenten der Physik so fasziniert, das soll die Allgemeinheit auch verstehen. Mit fast religiösem Vokabular spricht er von den Momenten der Erkenntnis, die ihm die großen Denker des vergangenen Jahrhunderts beschert haben. Zeit, das Universum, die Rolle des Menschen – man lernt aus diesem Buch mehr als nur seinen Teil der Physik, man lernt sich selbst im großen ganzen der Welt einzuordnen. Und das schafft Rovelli mit nur 100 Seiten Text, ein Lesenachmittag mit neuen Erkenntnissen.
Wenn Klappentexte auch meistens vage gehalten werden, so ist das Zitat, das die Rückseite der deutschen Ausgabe ziert, doch genau die Kernaussage von Rovellis Buch: „Hier, an den Grenzen unseres Wissens, wo sich das Meer unseres Nichtwissens vor uns auftut, leuchten das Geheimnis der Welt, die Schönheit der Welt, und es verschlägt uns den Atem.“ Und diese Schönheit lässt sich mit diesem Buch noch viel, viel deutlicher sehen.
Kim-Nicola Hofschröer
Susanne meint
Schön, dass es so ein Buch von Frauen geschrieben gibt. Ich bin Laie, möchte mich aber in Physik fortbilden. Auch ganz kurzweilig: Erklärvideos zum Thema Physik bei „gut-erklaert“. 🙂
Danke für die Empfehlung!
Susi
Emilia meint
Danke. Klingt spannend. Ich wäre ansonsten nie darauf gekommen, mir das mal in der Buchhandlung anschauen zu wollen. Eure Buchtipps lese ich möglichst regelmäßig – abhängig vom Erscheinen natürlich. Und es war schon der eine oder andere gute Tipp dabei. Danke an die Autorinnen mal von meiner Seite.