Dieser Text ist die Langfassung eines Vortrags, der im Rahmen des Online-Seminars Klima und Feminismus stattfand. Als Auftakt für die Veranstaltung, die im Rahmen der Online Climate School der Students for Future Bremen stattfand, haben wir zunächst das Konzept des Ökofeminismus vorgestellt.
Anschließend haben wir mit Imeh Ituen, Teil des BIPoC Klima- und Umweltgerechtigkeit Kollektiv black earth, Kai Wargalla, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft für Bündnis 90/DIE GRÜNEN, und Frederike Oberheim, Mitglied bei Fridays for Future Bremen, gesprochen.
Der Klimawandel und das Patriarchat
Eine der wichtigsten Kämpfe unserer Zeit ist der gegen die Zerstörung unseres Klimas und Planeten. Anders als häufig suggeriert, sitzen wir jedoch nicht alle im gleichen Boot. Denn: Nicht alle Menschen sind gleich stark von den Folgen des Klimawandels betroffen.
Frauen und Mädchen sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, sogar bis zu 14 mal schwerer, wie im Bericht der 41. Menschenrechtsratssitzung der UN ausführlich belegt wird. Die Klimakrise hat ein Geschlecht. Mehr hierzu in dem Vortrag von Amber Fletcher:
Ökofeminismus – eine antikapitalistische Bewegung
Um diese Ungleichheiten zu fassen, bietet sich die ökofeministische Perspektive an. Einen sehr guter Einstieg in Entstehung und Geschichte des Ökofeminismus bildet der Arte-Film: „Retten Frauen die Welt vor dem Klimakollaps?“
Essenziell für die ökofeministische Sichtweise ist die Position, dass die Ausbeutung der Natur und die Unterdrückung der Frauen zwei Seiten des Kapitalismus sind. Die Ökofeministin Dr. Vandana Shiva setzt in ihrem mit Maria Mies verfassten Buch Ökofeminismus das grenzenlose Wirtschaftswachstum in das Zentrum ihrer Kritik:
Denn auf einem begrenzten Planeten ist grenzenloses Wachstum „ohne Gewalt gegen die Natur, gegen Frauen und fremde Völker nicht zu haben. Neu ist nur die inzwischen deutliche Zunahme dieser Gewalt.“
Ökofeminismus in der Praxis: BSP
Der Ökofeminismus ist zwar vor allem eine analytisch-theoretische Perspektive, lässt sich aber auch auf die Praxis übertragen. Ein Beispiel hierfür ist die Kritik am Bruttosozialprodukt (BSP).
Das BSP ist laut der Bundeszentrale für politische Bildung “die Summe aller Güter und Dienstleistungen in der jeweiligen Landeswährung, die in einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres hergestellt bzw. bereitgestellt werden“. Besonders interessant für die ökofeministische Kritik ist jedoch was es NICHT misst.
Es misst nicht die Kosten der Naturzerstörung, die durch den ungezügelten Kapitalismus entstehen. Stattdessen werden die Kosten als Gewinne re-interpretiert. Was das BSP auch nicht misst, ist die Reproduktions- und Care-Arbeit. Und dies „obwohl die produktive Sphäre immer eine reproduktive voraussetzt“, wie Janina Urban und Andrea Pürckhauer in einem Beitrag betonen.
Das BSP ist somit sowohl Ergebnis, als auch Instrument der Unterdrückung von Frauen und der Zerstörung natürlicher Ressourcen. Gefordert werden demnach neue Indices von Lebensqualität, die Reproduktionsarbeit und Ökologie mit einbeziehen.
Ökofeminismus: reicht nicht
Der Ökofeminismus bietet eine interessante Perspektive auf die Zusammenhänge struktureller Ungleichheiten und der Klimakrise. Er ermöglicht das Betrachten der Zusammenhänge von Unterdrückung von Frauen und der Ausbeutung der Natur. Ohne diese Verknüpfung laufen politisch-ökologische Maßnahmen Gefahr, patriarchale Strukturen zu verstärken.
Dennoch ist Sexismus nicht die einzige strukturelle Ungleichheit, die durch die Klimakrise und den Kapitalismus verstärkt wird. Demnach ist die ökofeministische nicht die einzige Perspektive, die wir auf dem Weg zur Klimagerechtigkeit einnehmen müssen. Genauso zentral sind unter anderem antirassistische, antiklassistische und dekoloniale Perspektiven.
„Der menschengemachte Klimawandel teilt die Welt: in Privileg und Nicht-Privileg, den Globalen Norden und den Globalen Süden. Aber auch: in Männer und Frauen.”(Ann Esswein in an.schläge)
Pia und Glenys
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