Sharon Kumaraswamy (links) und Aske Knudsen (rechts) ©Sophus Wolf
Anlässlich des Feministischen Kampftages am 08. März. 2022 wird Ravi Kuma zusammen mit Lisaholic in der Schwankhalle Bremen auftreten. Mit elektronischen Beats und energiegeladenem Rap mischen die beiden die skandinavische Musikszene ordentlich auf. Wir hatten die Möglichkeit mit den dänischen Künstler*innen Sharon Kumaraswamy und Aske Knudsen ins Gespräch zu kommen.
Was liebt ihr an eurer Musik?
Sharon: Ich glaube, wir haben unser ganz eigenes Universum erschaffen und die Menschen, die unsere Musik hören, verstehen es. Bei einigen Songs nenne ich Leute motherfuckers und am Ende des Konzerts wollen sie alle so genannt werden.
Aske: Außerdem bietet unsere Musik eine sehr weitreichende Palette an Emotionen. Manchmal sind unsere Konzerte total albern und lustig, manchmal können sie sehr emotional werden. Wir stecken also nicht fest, das macht Spaß.
Wenn du von einem Universum sprichst, Sharon, wie würdest du dieses beschreiben?
Sharon: Kennst du diese Souvenirshops, in denen bei allen Marken zum Beispiel ein Buchstabe anders geschrieben ist oder so. Du gehst in einen luxuriösen fake Souvenirshop and fühlst dich nobel und trashig zur gleichen Zeit – so würde ich es beschreiben.
Warum produziert ihr genau diese Art von Musik?
Sharon: Für mich, vom lyrischen Festland, war diese Musik etwas ganz Neues. Ich habe vorher Gospel und klassische Musik gemacht und war Mitglied einer anderen Band, bevor ich Aske traf. Dann haben wir beide erst aus Spaß angefangen Musik zu machen, wurden aber immer wieder bei kleinen Events gebucht. Es wurde angefangen, nach unserem Namen zu fragen – also brauchten wir einen Namen und mehrere Songs, weil man den gleichen Song ja nicht fünfmal spielen kann.
Für mich bedeutete die Band gleichzeitig einen Charakter einer glücklichen und zugleich wütenden Rapperin, in den ich eintauchen konnte. Sie ist mit der Zeit ein Ort geworden, unser eigenes Universum, an dem ich eine Version von mir selbst sein konnte, die ausflippt und ihre Wut entlädt.
Aske: Wir haben uns am Musikkonservatorium in Arhus in Dänemark getroffen. Ich habe elektronische Musik studiert und hab vor allem abstrakte Beats produziert. Aber mir war es nie möglich, wirkliche Banger zu produzieren, weshalb ich jemanden mit viel Energie gesucht habe. Und dann traf ich Sharon. Ihre Art, die Hook Lines zu machen, macht es sofort möglich, mitzusingen. Es entsteht ein sehr bizarrer Klang, der einfach funktioniert.
Wie würdet ihr euren Klang in drei Worten beschreiben?
Aske: Ich nenn eins, du die anderen beiden. – Industrial.
Sharon: Ich sage schlagkräftig.
Aske: Okay, das ist viel besser.
Sharon: Und in your face. Aber gut, das ist nicht ein Wort. Und eigentlich auch das Gleiche wie schlagkräftig. – Es müsste noch elektronisch sein, würde ich sagen.
Aske: Einmal wurden wir beschrieben, als hätten Rage against the Machine, Beastie Boys and drunk M.I.A einen Dreier in einer verlassenen Fabrik.
Das Konzert in der Schwankhalle findet am Internationalen Frauentag statt, was bedeutet euch das?
Sharon: Wir sind beide Feminist*innen. Für mich ist es sehr wichtig, dass wir mit diesem Tag assoziiert werden. Unsere Texte sind zwar lustig, es steckt aber auch viel Protest in ihnen. Es ist eine Ehre, ein Teil des Protests zu sein.
Wie setzt ihr euch für die Rechte von Frauen ein?
Sharon: Ich weiß nicht, ob ich eine Aktivistin bin – ich glaube, es geht einfach viel darum, wie man sich verhält, ob du andere weibliche Künstler unterstützt zum Beispiel.
Aske: Ich glaube, das ist nicht ganz wahr – du kannst dich nur vielleicht nicht an die Zeiten vor der Pandemie erinnern. (lacht)
Wir haben zum Beispiel vor der Regierung gespielt für die Frauen in Syrien, bei einem Black Lives Matter-Protest und beim Anti-Burka-Gesetz Protest in Dänemark. Wir versuchen also schon so aktivistisch zu sein, wie es unsere Terminkalender erlauben.
Ihr seid also Aktivist*innen, aber schreibt eure Songs nicht spezifisch für solche Events?
Sharon: Naja, wir haben den Song Take off my scarf anlässlich eines dänischen Gesetzes geschrieben, das Frauen dazu zwingt, ihre Haare zu zeigen – angeblich aus Sicherheitsgründen, was bei gleichzeitiger Maskenpflicht in der Pandemie ziemlich lächerlich erscheint.
Später gab es eine andere öffentliche Debatte über zu wenig Bekleidung an Frauen. Manche Fitnessstudios haben es nicht zugelassen, wenn Frauen nur im Sport-BH trainiert haben. Auch Crop Tops waren ein großes Thema in dänischen Medien.
Das ist für mich absolut unverständlich und hat mich wütend gemacht. Besonders rückblickend auf unsere Geschichte, wie lange Frauen vorgeschrieben wurde, wie sie sich kleiden sollten und wie weit wir gekommen sind. Warum gehen wir dann wieder in der Zeit zurück?
Oder ein Barbesuch, bei dem ich mich mit einem Typen unterhalten habe. Irgendwann habe ich dann angemerkt, dass ich auf nichts Weiteres aus bin als diese Unterhaltung, und er hat mich total genervt gefragt, warum ich dann überhaupt mit ihm reden würde. Er ist gegangen und ich war extrem sauer und habe mich gefragt, warum ich nicht einfach in meiner eigenen Stadt ausgehen könne. So entstand der Song Only make out with myself.
Aske: Um’s zusammenzufassen: nichts bringt Sharon mehr zum flowen als ein guter Protest.
Welche Message wollt ihr euren Hörer*innen übermitteln?
Sharon: You do you – kind of thing, also mach einfach, was dir gefällt.
Akse: Meine persönliche Aufgabe ist es, das zu teilen und die Grenzen davon, wie ein Hip Hop oder Rap Beat klingen darf, auszudehnen.
Wie kam es zu eurem Künstlernamen Ravi Kuma?
Sharon: Das ist der Name meines Papas. Er war einfach ein sehr, sehr toller Typ und gleichzeitig manchmal furchteinflößend.
Er liebte es, Witze zu erzählen und hatte ein extrem lautes Lachen und riesiges Grinsen. Gleichzeitig, war er ein Flüchtling, politikinteressiert und wollte Politiker werden, irgendwo ist er vielleicht auch ein verbitterter Mann. Er erzählt Witze, aber man weiß, dass auch viel Wut dahintersteckt – protestieren mit einem Lächeln ungefähr. Er trug manchmal einen Cowboy-Hut und ein Hawaii-Shirt und kaufte Merch einer Partei, die gegen Ausländer ist, nur um sich über sie lustig zu machen.
Also haben wir die Band nach ihm benannt, weil ich glaube, dass unser ganzes Universum seine Wurzeln irgendwo in ihm hat.
Vielen Dank für das Interview!
das Interview hat Teresa geführt und übersetzt
Maria meint
Der Auftritt von Ravi Kuma war zwar nicht in der Schwankhalle, sondern im Schlachthof, aber egal: Sharon ist grandios!!!
Ricarda meint
Liebe Maria!
Das passiert uns auch öfter – wir googeln, und es erscheint ein Artikel vom Vorjahr.
Aber das Interview ist zeitlos!
Grüße von den frauenseiten