In Kassel versammelten sich im April 2015 VertreterInnen von zahlreichen Elterninitiativen, Vereinen und engagierte Einzelpersonen aus der gesamten Bundesrepublik zu einem ersten Netzwerktreffen.
Im Fokus des Treffens stand die gemeinsame Sorge, über die anhaltende Verschlechterung der Rahmenbedingungen in Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe in Deutschland. Erhebliche Fehlentwicklungen in diesem Bereich haben zu katastrophalen Zuständen in der Versorgung geführt, die die körperliche und seelische Gesundheit hunderttausender Mütter und Kinder gefährden. Obwohl laut WHO 70-80 Prozent der Schwangeren bei Geburtsbeginn als gesund einzustufen sind, erleben in Deutschland nur noch etwa 8 Prozent der Gebärenden eine Geburt ohne medizinische Eingriffe.
Die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz freiberuflicher Hebammen, die die Fachpersonen für Schwangerschaft und Geburt sind, hat zu einer spürbaren Unterversorgung mit Hebammenleistungen in vielen Städten und Regionen geführt. In der sensiblen Phase des Familienstarts werden Eltern allein gelassen. Zudem sind werdende Eltern in die Auseinandersetzungen zwischen Hebammen-Geburtshilfe und arztgeleiteter Geburtsmedizin geraten. Mit ihrer Sorge um die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes erwirtschaftet ein florierender Gesundheitsmarkt Milliardenbeträge.
Eine stetig steigende Zahl an Kaiserschnitten, die höchste Frühgeburtlichkeitsrate im europäischen Vergleich und die untragbar hohe medizinische Interventionsrate bei fast allen Geburten ist inakzeptabel. Diese Fehlentwicklungen der Geburtskultur wollen die Eltern nicht länger hinnehmen. Die Elterninitiativen fordern ein Mitspracherecht, um die sie betreffenden Rahmenbedingungen in Schwangerschaft, Geburtshilfe, Wochenbett und Stillzeit zu korrigieren und an einer umfassenden Reform mitzuwirken. Sie sehen eine staatliche Mitverantwortung zur Regelung einer individuellen, wohnortnahen Versorgung und den Ausbau einer Geburtshilfe am Wahlort der Mutter.
Eltern fordern, die stärkende Begleitung von Hebammen in allen Phasen des Elternwerdens. Konkrete Maßnahmen zur Senkung der Kaiserschnittrate, die Förderung der physiologischen Geburt und die konsequente Eins-zu-Eins-Betreuung jeder Gebärenden sind ihre zentralen Forderungen zur Verbesserung der klinischen Geburtshilfe. Indem sie Kinder zeugen, gebären und beim Aufwachsen begleiten, übernehmen Eltern eine herausragende Aufgabe für die Gesellschaft, welche Schutz und Anerkennung verdient.
Mit diesem Initialtreffen in Kassel wurde der Grundstein für ein gemeinsames Sprachrohr der Familien gelegt. Das Netzwerk wird die Arbeit der regionalen und überregionalen Initiativen und Vereine bei ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, bei VertreterInnen in Parlamenten, bei Verantwortlichen in Krankenkassen und Verbänden unterstützen. Es weist darauf hin, die Bedürfnisse von Eltern in der Familiengründungsphase nicht weiter zu ignorieren und Bedingungen zu schaffen, die einen gesunden Start für junge Familien in der Bundesrepublik ermöglichen.
Für die Zukunft arbeitet das Netzwerk auf die Gründung eines „Bundesverbandes der Elterninitiativen für Geburtskultur“ hin.
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