Es ist fast drei Jahre her, dass ich das letzte Mal im Paula Modersohn-Becker Museum war. Sobald ich den ersten Saal betrat, schaute ich mir die Gemälde von Paula Modersohn-Becker an. Sie sind immer eindrucksvoll und sprechen die Seele an. Neben einigen Bildern gibt es einen QR Code zum Audioguide, das ist eine schöne Überraschung. Ich wollte mich hinsetzen, es gab Platz neben einer Figur. Als ich ihr näher kam, schüttelt sie den Kopf und die perfekt gewellten Haare. Dann habe ich erst erkannt, dass sie kein Mensch, sondern eine Puppe ist! Ich konnte mich nicht mehr hinsetzen, ich brauchte einen Moment. Ich war ein wenig schockiert, da die Puppe so realistisch aussah, auch wenn ich wusste, dass die Ausstellung Werke mit künstlicher Intelligenz vorstellt.
Die „Repräsentantinnen“
Danach startete die Pressekonferenz zur Sonderausstellung „human error. louisa clement“. Die Bonner Künstlerin Louisa Clement, welche Meisterschülerin von Andreas Gursky war, hat uns ihr Projekt „Repräsentantinnen“ (2021/22) vorgestellt. Sie ist eine an Clements Aussehen angeglichene Puppe. Durch einen künstlich-intelligenten (KI) Chatbot und biographischen Daten der Künstlerin können Besucher*innen mit der Puppe auf Englisch sprechen. Clements sagte, dass die Sprache die wichtigste Eigenheit war, damit die Puppe sie vertreten könnte.
Die Künstlerin und die „Repräsentantinnen“ sind zwar ähnlich, aber dennoch kontrolliert Louisa Clement welche Informationen sie mit der Puppe teilt. Der KI Chatbot wird während den Unterhaltungen mit den Besucher*innen weiter trainiert und „vergisst“ wahrscheinlich nach einiger Zeit bestimmte Informationen über die Künstlerin, sagte Louisa Clement. Dieses Kunstwerk befasst sich mit vielen Themen: Kontrolle, Grenzen, Identität, Verbindung, Kontrollverlust und Transformation von Körpern. Die „Repräsentantinnen“ von Louisa Clement und das „Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag“ (1906) von Paula Modersohn-Becker, eines der bedeutendsten Selbstbildnisse in der Sammlung des Museums, sind im direkten Dialog miteinander. Was ist ein Selbstbildnis? Vielleicht könnt ihr ja mit der Puppe vor Ort darüber sprechen!
„Compression“
Ich fand das Kunstwerk „Compression“ (2023) interessant. Es ist ein Doppelhelix in einer winzigen Edelstahlhülle, welches in einer Glasschachtel liegt. Die kleine Kapsel enthält alle Werke von Louisa Clement in DNA Form. Dafür wurde die Speichermethode „DNA digital data storage“ genutzt. „Compression“ ist ein Selbstbildnis der Künstlerin und spricht uns alle an. Das Kunstwerk repräsentiert den Raum all der Dinge, von denen wir uns nie trennen wollen. In dem gleichen Saal kann man die Video-Arbeit „human error“ (2021) schauen, in welcher sich zwei Puppenköpfe über eine fehlende Internetverbindung beschweren. Grenzen, Benutzbarkeit und Identität sind nochmals wichtige Themen hier.
Die Sonderausstellung ist auf jeden Fall einen Besuch wert!
Vanessa Marchegiani
Sonderausstellung
human error. louisa clement
2. September 2023 bis 21. Januar 2024
Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen
https://www.museen-boettcherstrasse.de/ausstellungen/louisa-clement
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