Der Valentinstag – kitschig wie rosa Zuckerguss oder wie Schwimmkerzen in der Badewanne. Heutzutage ist der Valentinstag in vielen Ländern verbreitet. Deshalb hört man immer mal wieder, dass der Tag eine Erfindung von Florist*innen auf der ganzen Welt ist. Aber das stimmt so nicht.
Setzt die rosarote Fliegerbrille auf, wir begeben uns auf eine kleine Reise zu den Anfängen und Schattenseiten des Valentinstages. Außerdem geben wir Impulse für eine Umgestaltung des 14. Februars, damit der Tag nicht mehr nur den verliebten Paaren gehört, sondern uns allen.
Woher kommt der Valentinstag?
Es ist auch nicht so, dass der Valentinstag auf den Tag der Hinrichtung des christlichen Märtyrers Valentinus fällt, der im Rom des Jahres 269 heimlich christliche Paare getraut hat.
Denn tatsächlich gab es im alten Rom ganze drei Märtyrer mit dem Namen Valentin – und keiner von den ihnen zugehörigen Mythen hat etwas mit Liebe zu tun. Um die drei Valentins ranken sich viele Legenden zur Entstehung des Valentinstages.
Es gibt übrigens auch eine heilige Valentina, die als Märtyrerin für das Christentum starb, aber auch sie hat nichts mit dem heutigen Valentinstag zu tun. Doch es gibt auch Valentins-Mythen, in denen das Christentum keine Rolle spielt. So soll zum Beispiel der Brauch, Blumen zu verschenken, auf die römische Göttin Juno zurückgehen.
Zum Valentinstag wurde der 14. Februar durch den englischen Dichter Geoffrey Chaucer. In seinem Gedicht „Parlament der Vögel“ Chaucer spricht er in Verbindung mit Sankt Valentinus von einem Tag, an dem die Vögel ihre Partner aussuchen. Obwohl es keinen klaren historischen Hintergrund für diese Verbindung gibt. Da sich Geoffrey Chaucer seinerzeit im 14. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute, wurden Feiern zum Valentinstag bald zu einem beliebten Brauch.
Von Großbritannien gelangte der Brauch nach Amerika und von dort in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland.
Von hier an spielen die Florist*innen* und Chocolatiers eine Rolle, die die Popularität des Tages deutlich beeinflussen. Je nach Geografie und Zeitalter gibt es viele verschiedene Valentinstags- Bräuche. In Deutschland sind vor allem Pralinen und Rosen hoch im Kurs. Kein Wunder also, dass es für die Blumenhändler*innen der mit Abstand lukrativste Tag im Jahr ist.
Schattenseiten des Valentinstages
Zentrum des Valentinstags sind die Verliebten, die Paare, die romantische Beziehung als solches. Das Pendant zu den glücklich Verliebten, die den Tag zelebrieren, sind die ach so traurigen Singles. Die wünschen sich angeblich nichts sehnlicher, als auch endlich die oder den „Richtige*n“ zu finden. Der Valentinstag ist jedes Jahr in den ersten Februarwochen allgegenwärtig. Egal, ob ich ihn feiern möchte oder nicht, ich werde stets an diesen Feiertag durch geschmückte Schaufenster, Werbung oder Veranstaltungen erinnert. Doch von einem Freund*innentag hatte ich bis vor ein paar Tagen noch nie etwas gehört. Ja, ihr habt richtig gelesen. Es gibt seit 2011 offiziell den internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli. Was hat das mit dem Valentinstag zu tun, fragt ihr euch?
Romantik über Alles?
Dass der Valentinstag so präsent ist, während zum Beispiel der internationale Tag der Freundschaft wenig Aufmerksamkeit bekommt, ist kein Zufall.
In unserer Gesellschaft werden romantische Paarbeziehungen als wichtigste Bindungsform gesehen und somit über alle anderen Beziehungen gestellt. Die amerikanische Feminist*in bell hooks schrieb eindrücklich: „Die Kultur der Unterdrückung hat die romantische Beziehung zur allerwichtigsten Verbindung erhoben, obwohl die wichtigste Verbindung in Wirklichkeit natürlich die Gemeinschaft ist“. Die romantische Liebe hat sich nach der industriellen Revolution zu einem zentralen Aspekt des individuellen Glücks entwickelt. Emilia Roig schreibt in ihrem Buch „Das Ende der Ehe“ über die damit verbundenen Folgen für alle Personen, die nicht in einer derartigen Beziehung leben. Die verbreitete Annahme, dass es jedem Menschen in einer exklusiven, romantischen Paarbeziehung besser geht, und dass jede*r eine solche Beziehung anstreben sollte, wird als Amatonormativität bezeichnet.
Diese Normvorstellung wird auch beim Valentinstag sichtbar. Die Erzählung der traurigen, verzweifelten Singles, die am Valentinstag den glücklichen Paaren gegenübergestellt werden, finden wir in vielen Filmen, Serien und Büchern. Roig schreibt, durch die Amatonormativität, sind Lebensphasen als Single nur dann gesellschaftlich akzeptiert, wenn die Person sich währenddessen nach der romantischen Beziehung sehnt und nach einer*m Partner*in sucht. Einerseits wird dabei vergessen, dass romantische Beziehungen nicht automatisch individuelles Glück mit sich bringen, sondern auch viel Schmerz und Leid erzeugen können. Andererseits werden dadurch Menschen, die jenseits der heterosexuellen Monogamie leben, glückliche Singles, asexuelle und aromantische Personen unsichtbar gemacht, stigmatisiert und diskriminiert. Übrigens hat eine londoner Studie ergeben, dass Frauen in langfristigen heterosexuellen Beziehungen durchschnittlich unglücklicher sind, als kinderlose single-Frauen. Bei Männern ist es anders herum.
Lasst uns den Valentinstag neu gestalten!
Der Valentinstag ist bisher ein Sinnbild für die Beziehungshierarchie. Romantische Liebe steht im Fokus und wird mithilfe von kitschigen Traditionen zelebriert. Uns hat dieser Tag nie sonderlich interessiert. Wir hatten zunächst ein neutrales Gefühl zum Valentinstag, welches sich mit den Jahren zu einer Abneigung entwickelt hat. Doch dadurch wird der Tag immer weiter den Personen gehören, die Amatonormativität befürworten und verkörpern.
Wir schlagen vor, den Valentinstag neu zu gestalten und den Fokus zu verschieben von der romantischen Liebe hin zu jeder Form von Liebe. Die Feministin Andie Nordgren fordert eine „Relationship Anarchy“, bei der die Hierarchie von Beziehungen aufgelöst und die Rangordnung mit romantischer Liebe an der Spitze aufgebrochen werden soll. Denn Liebe ist keine begrenzte Ressource, die nur echt sein kann, wenn sie auf ein Paar beschränkt ist! Wir möchten hier nicht den Wert von romantischen Beziehungen anzweifeln, sondern im Sinne der Beziehungsanarchie der Hierarchie von Beziehungen entgegenwirken. Lasst uns den Valentinstag als Tag der Liebe mit verschiedenen Personen feiern, die wir lieben. Mit Freund*innen, Communities, Familie oder anderen uns nahestehenden Personen.
Und falls ihr doch einfach den Valentinstag ignorieren wollt, könnt ihr immer noch den Welt-Mettbrötchen-Tag feiern. Der ist nämlich auch jedes Jahr am 14. Februar. Rezeptvorschläge für veganes Mett gibt’s auf unseren Social Media Kanälen. Guten Appetit!
Linnea und Hannah K.
Lui meint
Was für ein toller Text und was für schöne Illustrationen! Vielen Dank euch 🩷