Von den Briten werden sie liebevoll „Froggies“ genannt, bei uns des Öfteren „Froschfresser“. Der Franzose ist arrogant und unhöflich oder ist er doch charmant? Welchen Klischees kann man Glauben schenken?
Die französische Küche ist für ihre Delikatessen auf allen Teilen der Erdkugel bekannt. Sei es der Käse, der Wein oder Gerichte wie Quiche, Ratatouille, Coq au Vin. Aber Schnecken und Froschschenkel? Das kann sich in Deutschland kaum eine_r als Genuss vorstellen. Tatsächlich handelt es sich hier zwar um ein Vorurteil, das aber zumindest zu einem gewissen Grad bestätigt werden kann. Weinbergschnecken werden mit Kräuterbutter, Gewürzen und – natürlich – Baguette zum Beispiel bei Familienfesten oder anderen besonderen Anlässen gegessen, jedoch normalerweise nicht öfter als ein bis drei Mal im Jahr. So ungewöhnlich, wie den Deutschen diese Speise vorkommt, scheint sie offenbar im Nachbarland nicht zu sein.
Bei den Froschschenkeln sieht es schon etwas anders aus: Obwohl Frankreich der Hauptabnehmer der aus Indonesien importierten Frösche zu sein scheint, haben große Teile der Bevölkerung noch nie die Schenkel eines Frosches probiert, deren Geschmack zwischen Hühnchen und Fisch eingeordnet wird. Sie ist nicht nur eine teure, sondern auch eine aus der Mode gekommene „Spezialität“. Wer in Frankreich unbedingt Froschschenkel probieren will, muss also etwas länger danach suchen.
Nationalsport: „Boule“
In den USA ist es Baseball, in Kanada Eishockey und in Frankreich sitzt man vor einer Live-Übertragung eines „Boule“-Spiels vor dem Fernseher. Dieses Klischee ist so ein bisschen übertrieben. Die Wahrheit ist folgende: Die Urformen des Boule- oder Pétanque-Spiels finden sich schon im Römischen Reich. Bis heute haben sich etliche Formen und verschiedene regionale Sportarten des „Kugel“-Spiels gebildet, die in Frankreich am häufigsten Praktizierte ist jedoch das „Pétanque“, das vor allem – aber nicht ausschließlich – von älteren Generationen auf Dorfplätzen gespielt wird. Das Gute an dieser Beschäftigung ist die Einfachheit: es wird nicht viel benötigt, außer Boule-Kugeln und genügend Platz. Natürlich gibt es aber auch spezielle Vereine, für all diejenigen, die an Wettkämpfen und Turnieren teilnehmen möchten.
Als Nationalsport, wie der Fußball in Deutschland, sehen es die Einwohner Frankreichs allerdings nicht. Dafür ist das Wetten und die Live-Übertragungen von Pferderennen stark verbreitet und auch Rugby und Fußball haben einen hohen Stellenwert in der Sportbranche.
Charmant und arrogant?
Einerseits wird oft behauptet, „der Franzose“ sei arrogant und unhöflich, gleichzeitig wird aber auch das Bild des charmanten Südländers verbreitet, der keine Chance zum Flirten auslässt. Natürlich kann keines der beiden Klischees zu hundert Prozent bestätigt oder widerlegt werden. Es ist aber Tatsache, dass der Umgang miteinander in Frankreich mit mehr Nähe und Zuneigung verbunden ist als hierzulande. Allein die Begrüßung ist durch die „bises“, die zwei bis vier Küsschen auf die Wange, viel herzlicher als das Händeschütteln in Deutschland. Das mag der Grund sein, warum unsere Nachbar_innen so liebenswürdig erscheinen. Beim Bild des mürrischen, unhöflichen oder sogar herablassenden Franzosen, könnte das typische Pariser Verhalten verallgemeinert worden sein. Die Bewohner der Hauptstadt seien – nicht nur zu Touristen – unfreundlich. Wer also nur Paris besucht und dort die Erfahrung des arroganten Großstädters miterlebt, sollte dies nicht auf die Menschen anderer Regionen übertragen.
Seulement francais!
Die Franzosen und Französinnen haben es nicht so mit Sprachen, oder ist das auch nur ein Vorurteil? Studien haben ergeben, dass 95 Prozent der 15 bis 30-Jährigen Englisch gelernt haben, 50 Prozent Spanisch und 35 Prozent Deutsch, wobei letzteres in den vergangenen Jahren beliebter wird. Dennoch tun sich die Einwohner_innen Frankreichs im Allgemeinen schwer mit Fremdsprachen, was nicht zwangsläufig mit Arroganz, Nationalbewusstsein oder der Verherrlichung der eigenen Sprache zu tun haben muss.
Englisch und Französisch sind zwei Sprachen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Hemmungen und Unsicherheiten in der englischen Sprache sind neben Frankreich auch in Italien und Spanien zu finden. Zudem kommt, dass sich die Franzosen schlicht und ergreifend für ihren Akzent schämen. Jedoch könnte in der Bildung mehr Wert auf das Unterrichten dieser Sprache gelegt werden, um mehr Mut zum Sprechen zu vermitteln. Merci!
Keines der Klischees wird je auf alle Bewohner Frankreichs zutreffen und sicherlich können manche im Einzelfall bestätigt werden. Doch auch wenn Vorurteile unvermeidbar und in gewisser Weise wichtig für den Selbstschutz und das Einschätzen anderer Menschen sind, sollte man die Schubladen nicht voreilig abschließen, sondern immer bereit sein, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen.
Amélie Schlachter
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