Unsere Frau der Woche ist Presslufthanna. Hanna ist Rapperin, Wahlbremerin und engagiert sich politisch. Dank ihrer klaren Stimmfarbe und ihrem rohen und direkten Schreibstil haben ihre Songs einen hohen Wiedererkennungswert. Hanna hat frauenseiten.bremen berichtet, wie sie zum Hip Hop gekommen ist und warum Rap ihrer Meinung nach auch feministisch sein kann.
Rapperin aus dem hohen Norden
Hanna kommt ursprünglich aus Kiel und wohnt seit Mai 2020 in Bremen. Früher habe sie hauptsächlich Punk und Metalmusik gehört, seit ihrem 16. Lebensjahr habe sich ihr Musikgeschmack jedoch verändert, sodass sie zunehmend mehr Rap hörte. Da sie schon damals politisch engagiert war, wurde sie von den Botschaften der Rapper*innen inspiriert und abgeholt. Sie fing an sich mit der Geschichte des Hip Hops auseinandersetzen und hörte viel Rap aus dem alten „boom bap Bereich“ und die Songs von dem Rapper Duo Mobb Deep.
„Hip Hop generell in seinen Anfängen ist ja sehr politisch und ich glaube zuerst war das auch das, was mich daran so interessiert hat und was ich beeindruckend fand.“ – Presslufthanna
Die Anfänge von Presslufthanna
Dass Hanna selber mit dem Rap angefangen hat, ist eher ein Zufall. Sie und ihre Freund*innen wollten sich treffen, um zusammen ihre DJane Fähigkeiten zu trainieren und gemeinsam das Auflegen üben. Hanna hatte für diesen Zweck extra einen Plattenspieler besorgt. Leider stand ihnen zum Üben nur eine Instrumental Platte mit verschiedenen Beats – unter anderem von Mobb Deep – zur Verfügung. Statt das Auflegen zu üben, hat es sich ergeben, dass Hanna und ihre Freund:innen aus Spaß auf die Beats gefreastyled haben.
Hanna hatte sehr viel Freude dabei auf die Beats zu rappen und fing daher an eigene Songs zu schreiben. Ihre DJane Karriere verfolgte sie nun weniger enthusiastisch, als das Trainieren ihrer Rap Fähigkeiten. Sie hatte einfach mehr Spaß am Rappen als am Auflegen.
Feministische Rapperin
Feministische Rap-Hörer*innen werden gerne mit der Frage konfrontiert, warum sie als Feminist*innen überhaupt Rap hören, da diese Musikrichtung doch viel zu sexistisch sei. Aus der Sicht von Hanna kann Rap jedoch auch durchaus feministisch sein. Da die gesamte Gesellschaft ein Sexismus Problem habe, sei natürlich auch die Musikbranche davon nicht ausgeschlossen. Der Sexismus ziehe sich jedoch durch alle Musikrichtungen. Aus diesem Grund ist es ihrer Meinung nach unsinnig den Finger nur auf den Sexismus in der Rap-Szene zu zeigen.
„Ich verstehe diese Diskussion mittlerweile nicht mehr so richtig, weil ich mir denke, die ganze Gesellschaft ist sexistisch. Das zeigt sich nicht nur im Rap, das zeigt sich in jeder Subkultur oder jeder Musikrichtung von Schlager bis Hardcore (…)Das Problem ist nicht nur Hip Hop oder Rap, sondern die patriarchale Gesellschaft.“- Presslufthanna
Außerdem findet Presslufthanna, dass Rap auch eine Ausdrucksform des politischen Aktivismus sein kann. Es ging in der Geschichte des Raps schon immer darum auch politische Aussagen zu formulieren. Das gerät aus Hannas Sicht manchmal leider auch in Vergessenheit.
„Häufig wurden mit Rap Verhältnisse beschrieben und das ist für mich auch politisch und eine Form sich Gehör zu verschaffen und sich mitzuteilen.“ – Presslufthanna
„Schwestern sind keine Gegner“ – Presslufthanna, Priorität
Die 28 Jährige Rapperin fand schon immer andere FLINTA*-Rapper*innen beeindruckend und inspirierend. Früher habe sie häufig die Songs von Lena Stoerfaktor gehört und war auch von dem deutschen Rapperinnen Trio Tic Tac Toe sehr beeindruckt. Sie hatte schon immer das Gefühl, dass Frauen im Rap sehr unterrepräsentiert sind. Immer wenn sie rappende Frauen gesehen hat, war sie von ihrer Ausdrucksstärke und der „besonderen Power“ fasziniert.
Der Rapperin ist es auch wichtig andere FLINTA*-Rapper*innen zu unterstützen. Als Rapperin werde man immer automatisch mit anderen weiblichen Rapperinnen verglichen. Sie hat das Gefühl, dass dadurch immer eine Art Konkurrenz suggeriert wird, dabei sei es doch viel wichtiger sich gegenseitig zu unterstützen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass sie automatisch mit jede*r FLINTA*-Rapper*in eine Kooperation starten würde. Für ein Feature sei es wichtig, dass es zwischenmenschlich harmoniert und auch vom Musikstil zueinander passt. An sich unterstütze sie gerne alle, aber für eine Zusammenarbeit sei es nicht ausreichend nur die selbe Geschlechtsidentität zu teilen.
Es sei auch auffällig, dass Rapperinnen im direkten Vergleich immer nur mit anderen weiblichen Rapperinnen verglichen werden und nicht mit cis-männlichen MC‘s. Presslufthanna findet es auch schade, wenn man Rapperinnen immer auf das „Frau Sein“ reduziert und sie bei Veranstaltungen die Rolle einer „Quoten-Rapperin“ einnehmen muss.
„Ich möchte, dass ihr mich einladet, weil ihr meine Musik mögt, weil ihr sie schätzt und nicht weil ich wieder eine Quote erfüllen soll. Aber andererseits weiß ich auch, dass diese Quotenerfüllung wichtig ist. Ich stehe da oft zwischen den Stühlen und das ist auch eine Problematik mit denen sich Typen gar nicht auseinandersetzen müssen.“ – Presslufthanna
Die Zukunft von Presslufthanna #staytuned
Presslufthanna schreibt Songs mit klaren und direkten Aussagen. Ihre Rap-Zeilen sind selten verschachtelt oder metaphorisch, sodass ihre Hörer*innen immer sofort wissen wovon spricht. Ihre Songs können auch mal gefühlvoll sein und beinhalten eigentlich immer einen Appell für die Gesellschaft. Noch in diesem Jahr möchte sie ihr nächstes Album veröffentlichen. Wir können also gespannt auf viele neue Songs sein, die uns bestimmt die Wartezeit auf das nächste Live-Konzert erleichtern werden.
Instagram: @presslufthanna
YouTube: pressluft hanna
Dana Nguyen
Silke meint
Ich bin begeistert, dass junge Frauen ihr politisches Engagement ungeschönt musikalisch formulieren. Das erinnert mich
an die vorsichtigen Schritte der 60 ziger Jahre.
Die Zukunft wird zeigen, ob gesellschaftliche
kapitalistische Prozesse durch Rap beeinflussbar sind. Als politische Ausdrucksformen beeindruckend.