Der britische Dokumentarfilm „Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit“ erzählt die ungewöhnliche Lebensgeschichte einer Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Lehren des Tibetischen Buddhismus im Westen zu verbreiten.
Eigentlich hatten Hannah und ihr Mann Ole, als sie 1968 von Kopenhagen nach Kathmandu reisten, vor, das klassische Hippie-Leben mit Drogenrausch und freier Liebe auszuleben. Durch die schicksalhafte Begegnung mit dem 16. Karmapa, dem heiligen Oberhaupt der Karma-Kagyü-Linie des Tibetischen Buddhismus, hat sich ihr Leben dann aber grundlegend geändert. Fortan war Schluss mit psychedelischen Experimenten und das Ehepaar wurde vom Karmapa in den buddhistischen Lehren und Praktiken unterrichtet. Nach ein paar Jahren im Himalaya kehrten die Nydahls mit dem Auftrag, den tibetischen Buddhismus an Interessierte weiter zu geben, nach Europa zurück.
In den nächsten 35 Jahren bereisten Hannah und Ole verschiedene Kontinente, gründeten weltweit hunderte buddhistischen Zentren und waren, vor allem durch Hannahs Übersetzungstätigkeit, die Brücke zwischen Ost und West, zwischen den tibetischen Buddhisten und den interessierten Westlern. Bis Hannah 2007 plötzlich an Krebs starb und somit das gemeinsame Lebensprojekt ihrem Mann hinterließ.
Der Film war eine Herzensangelegenheit für alle Beteiligten
Die Produzenten Marta György-Kessler und Adam Perry haben mit dieser Dokumentation ein berührendes Denkmal für Hannah, die „mächtige, heilige Lotusblüte“, wie sie vom 16. Karmapa getauft wurde, geschaffen. Der Film folgt chronologisch dem Lebensweg der Dänin und zeigt dem Zuschauer*Innen, mit welcher Unermüdlichkeit und Ausdauer sie sich für den Buddhismus einsetzte und dabei mit politischen Unruhen in Tibet, Gefangenschaften in Südamerika und kommunistischer Unterdrückung des Kalten Krieges trotzte.
Fünf lange Jahre und etwa 60 Interviews in Asien und Europa hat die Produktion der Dokumentation gebraucht, bis sie 2014 dann endlich ihre Weltpremiere feiern durfte. Es folgten bald darauf die ersten Auszeichnungen auf internationalen Filmfestivals. 2017 erhielt der Film den Publikumspreis auf der Filmkunstmesse Leipzig.
Wer sich „Hannah“ angeschaut hat, wird die vielen Honorierungen verstehen. Man merkt einfach, dass György-Kessler und Perry, die beide persönlich mit Hannah befreundet gewesen waren, viel Zeit und Liebe in dieses Projekt hineingesteckt haben. Darum ist es auch schwer verwunderlich, dass der Film einen Lobgesang auf Hannah darstellt. Es wird in den zahlreichen Interviews des Films deutlich, dass die Dänin für ihren Mann und ihre Freund*Innen einfach eine ganz einzigartige und bewundernswerte Frau war. Wer als Zuschauer*In weiß, dass der Buddhismus traditionell eine Männerdomäne ist, wird der Bewunderung für Hannah, die sich als Frau eben dort unentbehrlich machen konnte, teilen müssen.
Warum gerade „Hannah“?
Ich persönlich habe mich beim Zuschauen allerdings auch gefragt, warum der Dokumentarfilm ausgerechnet „Hannah“ getauft wurde, und nicht etwa „Hannah und Ole“ oder „Ole und Hannah“ – hat das Ehepaar doch alles als untrennbares Team erarbeitet und erreicht. Die persönliche Präferenz von György-Kessler, die eine langjährige und enge Freundin von Hannah war, mag der Grund für den Titel sein. Erfreulich ist es allemal, dass es mit dieser Dokumentation immerhin einen Film mehr gibt, der bewusst die Leistungen einer Frau hervorhebt.
Der Film schafft es seine gesamte Laufzeit über interessant zu bleiben, keine der 89 Minuten fühlt sich überflüssig an. Insbesondere der angenehmen Stimme der englischen Erzählerin Susannah Harker, könnte man stundenlang lauschen. Der überwiegende Großteil des Films wird allerdings von den Kommentaren von Hannah selbst, Ole oder Hannahs Freund*Innen getragen. Der Film versteht sich dabei wunderbar auf die audio-visuelle Verschmelzung alter Film- und Fotoaufnahmen mit aktuellen Interview-Aussagen. Der gelungene Soundtrack von Tom Hickox und Chris Hill untermalt unaufdringlich, aber immer thematisch passend, die verschiedenen Erzählstränge der Dokumentation.
Fazit sehenswert
Obwohl der Film auch reichlich Zeitgeschichte, etwa die chinesiche Kulturrevolution in Tibet oder die Kagyü-Krise der 1990er, darstellt, bleiben Hannah und Ole der rote Faden des Films. Die Dokumentation ist daher gleichermaßen empfehlenswert für Interessierte des Buddhismus und für diejenigen, die sich an außergewöhnlichen Biografien erfreuen.
„Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit“ („Hannah – Buddhism’s Untold Journey“) erscheint ab dem 18. Januar in zahlreichen deutschen Kinos. In Bremen zeigt das Cinema im Ostertor den Dokumentarfilm (OmU). Weitere Infos unter http://cinema-ostertor.de/
Juliane Hentschel
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